Was wir intuitiv spüren, ist wahr: Unsere Lieblingssongs sind heilsam – denn unser Organismus schwingt stets mit dem, was uns umgibt. Wie wir uns durch Musik in eine gute und harmonische Stimmung bringen können, erklärt der Musikwissenschaftler Christian Salvesen.
Ohne jede gedankliche Anstrengung könnte sich einfach eine Tür öffnen, und ein Gefühl von Befreiung verleiht dem Alltag nun häufiger etwas Spielerisches, Staunenswertes.
Seit es Musik gibt, wird sie als magisch und heilend empfunden. Heute verfügen wir nicht nur über unzählige Quellen gespeicherter Musik aller Epochen und Stilrichtungen, sondern auch über alle möglichen Theorien und Konzepte, wie wir Musik für uns am besten nutzen können. Wir können über das Internet fast jede gewünschte Musik sofort hören und dazu meditieren, tanzen, Yoga praktizieren, mitsingen, Liebe machen, angeregt plaudern und in jedem Fall unsere Stimmung heben.
Seit März 2020 sind wir mehr oder weniger in einer besonderen Belastungssituation, „Corona-Krise“ genannt. Allmählich werden kleinere Live-Veranstaltungen wieder erlaubt. Etliche Freunde und Kollegen von mir mussten als Musiker ihre Veranstaltungen über Monate absagen. Doch sie haben weiterhin Optimismus ausgesendet, wie diese Einladung des Obertonmusikers Christian Bollmann demonstriert:
„Da Singen das Immunsystem stärkt und die gemeinsame positive Kraft bündelt, habe ich den Stream für alle geöffnet, die teilnehmen möchten, und ich hoffe, dass wir eine kraftvolle Klang-Wolke ins Universum senden und damit helfen, die C-Welle umzudrehen.“
Das war am 1. April 2020.
Im Yoga wurde schon von Anfang an auf die Bedeutung von Schwingung und Klang hingewiesen. Immerhin sind die gesamten Veden eine Sammlung von Anrufungen, Gebeten und Mantren, allen voran der Ur- oder Schöpfungslaut „OM“. In jedem Moment, da gesprochen und gesungen wird – ob durch diesen Körper, den ich als „meinen“ empfinde, oder durch jeden anderen – schwingt der Urlaut. Laute entstehen und vergehen. Wo und wie geschieht das? Wer macht das? Die Fragen sind nicht abstrakt, sondern ganz praktisch gemeint. Ich kann das gleich jetzt beim Lesen ausprobieren. Moment! Einatmen, auf einem beliebigen Ton die Silbe OM singen. Dabei darauf achten: Gibt es da wirklich einen Macher? Oder strömt es einfach nur – von selbst?
Rhythmus
„… ist, wo ich mit muss“ Stimmt. Sogar beim Lesen. Am besten laut lesen:
„Niemand knetet uns wieder aus Erde und Lehm,
niemand bespricht unseren […]