Diesmal: Ahamkara, das Ego – „der Ich-Macher“ und seine Zwitternatur
Im letzten Teil unserer Kolumne sprachen wir über Manas, den „äußeren“ Aspekt unseres Geistes, die „Bühne“ sozusagen, auf der die Schauspieler unseres inneren Lebens auftreten: Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle, Erinnerungen und so weiter. Diesmal soll es um jene Instanz gehen, die alles das zusammenhält: Um Ahamkara, unser Ich oder Ego.
Ahamkara heißt wörtlich „Ich-Macher“. Darin klingt an, dass eine Instanz in uns existiert, die aus Gedanken meine Gedanken macht, aus Gefühlen meine Gefühle, aus Wahrnehmungen meine Wahrnehmungen, mit anderen Worten: Ahamkara – im Yogasutra heißt er Asmita – integriert all unsere Erfahrungen. Er heftet an jedes Etwas, das uns gehört, und an jedes Erlebnis, das wir haben, ein Mein und ein Ich an.
Das Ego entsteht im Laufe der frühen Kindheit. Als Babys noch leben wir in einem „ichlosen“ Ozean des Staunens. Im Alter kann das Ego wieder desintegrieren, geradezu zusammenbrechen. Bei Demenzkranken lässt sich das sehr gut beobachten: Ich und Mein als Kategorien des Lebens spielen eine immer kleinere Rolle.
Dem Ego eilt in der spirituellen Welt kein guter Ruf voraus. Doch es ist wichtig, da genauer hinzuschauen: Die grundlegende Funktion des Egos ist Abhimana, die Selbstbehauptung. Ohne die Fähigkeit, uns in der Welt zu behaupten, würden wir untergehen, könnten wir nicht einmal unser biologisches Überleben sichern. Der Mensch nimmt sich aus der Natur, was er zum Leben braucht, und behauptet sich gegen seinen Nächsten (und übertreibt es dabei auch gerne, wie der Zustand der Welt uns spiegelt). Ohne Selbstbehauptung würden wir jedenfalls schnell sterben.
Doch gleichzeitig – und darin nun liegt das, was ich die Zwitternatur des Egos nenne – trennt das Ich uns von der Erfahrung des Einsseins mit der Quelle, aus der wir kommen und die als Purusha, das innere Licht reinen Gewahrseins, in uns wirkt. Wir fühlen uns nicht (mehr) verbunden mit ALLEM-WAS-IST. Avidya, das Nicht-Sehen oder Nicht-Wissen, heißt diese Blindheit im Yogasutra. Man nennt sie auch Tamas, die Dunkelheit.
So unverbunden, erleben wir […]