Ein Netzwerk enthüllt seine Geheimnisse: Warum das Fasziengewebe einen so weitreichenden Einfluss auf den gesamten Körper und auf unser Wohlbefinden hat und was die neuen wissenschaftliche Erkenntnisse mit unserer Yogapraxis zu tun haben.
Ein sportmedizinischer Kongress in Boston / USA zum Thema „Connective Tissues“ im Jahr 2007 sowie ein Award für Peter Huijing im gleichen Jahr zum Thema „Muskuläres Bindegewebe“ brachten ein bisher vernachlässigtes Gewebe in ein neues Licht. Dank verbesserter Bildverfahren und hochempfindlicher Realtime-Ultraschallgeräte konnten fasziale Strukturen sichtbar gemacht werden. Seither wird geforscht, hinterfragt und veröffentlicht. Dicke und Beweglichkeit, Elastizität und Festigkeit sowie Wassergehalt einer Faszie sind genau erfassbar. Außerdem können winzige Gewebeproben entnommen werden, um biochemische Bestandteile zu analysieren. Das Fasziengewebe wurde zum populärsten Gewebe der Wissenschaft, der Bewegungsexperten und der Industrie.
Aber sind wir Yogis nicht schon lange mit dem Fasziengewebe vertraut? Wo erfahren wir Prana? Wo nehmen wir uns bei achtsamer Yogapraxis wahr? Genau hier, im Fasziengewebe. Auch die Osteopathen und die Rolfer arbeiten schon immer mit dem Bindegewebe und seiner Energie. Die alten Meister der traditionellen chinesischen Medizin haben ein Meridiansystem festgelegt, das im Bindegewebe angeordnet ist. Nun macht also die westliche analytische Sichtweise möglich, naturwissenschaftlich relevante Erklärungen für die jahrtausendealten ganzheitlichen Erfahrungen und Herangehensweisen der Yogis zu finden. Physiologisch nachweisbare Prozesse werden zu Erklärungsmodellen von holistischem energetischem Wissen. Das kann alle Yogis freuen, weil auf diese Weise das Interesse an Yoga geweckt wird. Das gilt vor allem für jene, die zunächst Erklärungen benötigen, um sich auf den Erfahrungsweg Yoga zu begeben. Für alle, die dem Yoga ohnehin verbunden sind, ändert sich aber nur wenig.
Bindegewebe grenzt Strukturen voneinander ab, füllt Räume aus, gibt Zug und Druck weiter, ist eine mechanische Barriere gegen eindringende Fremdkörper, hat aus immunologischer Sicht Abwehrfunktion gegenüber so genannten Fresszellen und dient dem Transport und der Ernährung.
Faszien-Wissen: Alles ist EINS
Betrachten wir rückwirkend die Studien- und Trainingsrichtlinien der letzten Jahrzehnte, so stellen wir fest, dass immer einzelne Strukturen oder Körperfunktionen in den Mittelpunkt gestellt wurden. Zunächst das Krafttraining der Muskulatur in den 1970er Jahren, gefolgt vom Herz-Kreislauf-Training. In den 1990er Jahren wurde viel über „richtiges und falsches“ Dehnen diskutiert. Das 21. Jahrhundert begann mit der Core-Stabilität, dem Erwachen der Pilates-Methode und dem […]