„Form follows function“: Ein Asana muss in erster Linie sinnvoll für den Praktizierenden sein. Wie man Haltungen bedürfnisgerecht und mit Rücksicht auf bestimmte Handicaps modifizieren kann, zeigt das Team von Lord Vishnus Couch. Diesmal: Pashchimottanasana
„Only those thoughts are true, the opposite of which is also true in its own time and application.“ Sri Aurobindo
Pashchimottanasana bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie die „Streckung des Westens“. Die Rückseite des Körpers gilt als Westseite, und „pashchima“, das Wort für Westen, kann auch die Bedeutung „hinten“ haben. Tatsächlich wird bei dieser Haltung die Rückseite des ganzen Körpers von Kopf bis Fuß intensiv gestreckt. Es handelt sich um eine Vorbeuge im Sitzen, die mit gestreckten Beinen und über die Beine gestrecktem Oberkörper ausgeführt werden kann. Wenn wir uns an Asana-Darstellungen in Lehrbüchern orientieren, werden wir bei der eigenen Ausführung oder im Unterricht schnell die individuellen Unterschiede wahrnehmen und an unsere Grenzen stoßen. Diese Unterschiede und Grenzen ermöglichen es uns, unseren Körper zu spüren und verstehen zu lernen, so dass wir achtsam mit ihm umgehen und „richtig“ handeln können. Ein wichtiges Kriterium für die „richtige“ Ausführung eines Asanas ist, dass es eine positive Wirkung auf Körper und Geist hat und uns mit uns selbst in Verbindung bringt. Und diese „richtige“ Handlung kann bei jedem anders aussehen, einzigartig und vielschichtig wie wir sind. Unser Ansatz ist der, sich an der Einzigartigkeit des Schülers zu orientieren und Modifikationen zu finden, die das Asana an den Einzelnen anpassen, so dass es ihm nicht schaden kann, sondern stattdessen zu nutzen vermag.
1) Bevor wir uns mit Pashchimottansana beschäftigen, wollen wir uns Dandasana, die Stockhaltung, anschauen.
So wie Tadasana als Ausgangshaltung und als alle Prinzipien beinhaltende Position für die Stehhaltungen gesehen wird, ist ein korrekt ausgeführtes Dandasana eine wunderbare Voraussetzung für alle sitzenden Vorbeugen. In Dandasana sollte der Rücken neutral gestreckt sein, sprich, auch der untere Rücken sollte in einer leichten Lordose sein. Sind jedoch die Beinrückseiten verkürzt, ist eine Aufrichtung des Beckens bei gestreckten Beinen nicht möglich, und der untere Rücken wird je nachdem in eine leichte oder stärkere Kyphose (Außenwölbung) gezogen. Passiert das, sollte man sich in den Vorbeugen höher setzen oder die Beine beugen, wie in den nächsten beiden Beispielen zu sehen ist.