Immer wieder bemerke ich, wie sehr ich Menschen und Dinge in einen Topf schmeiße. Das möchte ich ändern. Und du? Das noch neue Jahr bietet sich hierzu besonders an.
Hattest du für das neue Jahr auch gute Vorsätze gefasst? Mehr Yoga, weniger Alkohol? Weniger im Internet surfen, mehr in der Natur sein? Gerne kannst du uns hier auf dem Blog mitteilen, wie deine Vorsätze für das Jahr aussehen.
Mein Vorsatz fürs Jahr 2018 ist folgender: ich möchte nicht mehr so viel in einen Topf schmeißen. Damit meine ich nicht das Gemüse, sondern Menschen oder Dinge. Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich immer noch die Tendenz habe, von den „Veganern“, den „Fleischessern“ oder den „Yogis“ zu sprechen und dann alle, die vegan leben, die Fleisch essen oder die Leute, die Yoga machen, in einen Topf schmeiße – und entweder erstmal als gut oder schlecht, bewusst oder unbewusst etc. abstemple oder aufwerte. Vielleicht hast du diese Angewohnheit ja ebenfalls, und vielleicht empfindest du sie auch hier und da als lästig. Vielleicht hast du diese Angewohnheit nicht mehr! Herzlichen Glückwunsch, dann kannst du dir wirklich auf die Schulter klopfen, denn die meisten Menschen haben diese Angewohnheit. Und da ich diese Eigenschaft bei so vielen Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern festgestellt habe, möchte ich sie hier thematisieren.
Ich gebe zu, dass Verallgemeinerungen einfach sind. Man muss sich nicht groß auskennen, um eine Gruppe von Menschen zu betiteln. Im Alltag sind diese Verallgemeinerungen schnell dahingesagt, wir begegnen ihnen andauernd und benutzen sie häufig.
Besonders in der heutigen Zeit, einer Zeit, die für Globalisierung steht, aber auch für, Flüchtlingswellen, Islamisierung und Immigration, ist es häufig auf fehlendes Wissen oder auch mangelndes Interesse zurückzuführen, dass wir Verallgemeinerungen verwenden – und Menschen dadurch vorschnell verurteilen.
Die Verallgemeinerungen, die wir oftmals unbewusst verwenden, sind häufig eng verknüpft mit Informationen aus den Medien. Diese sind – wie wir wissen – oftmals manipuliert worden. Hier laufen wir Gefahr, dass wir unreflektiert eine allgemeine Meinung übernehmen. Oder aber wir haben eine persönliche Erfahrung mit einem bestimmten Menschen gemacht und stellen eine Verallgemeinerung auf. So kann ich zum Beispiel einen unfreundlichen, unhöflichen und gestressten indischen Geschäftsmann kennenlernen und traurigerweise schnell zu der Verallgemeinerung kommen, dass „die Inder“ keine Manieren besitzen und immer im Stress sind. Das würde jedoch den vielen Millionen freundlichen, herzlichen und höflichen Indern, von denen ich viele kennenlernen durfte, niemals gerecht werden.
Im Moment erlebe ich, dass die vermutlich aktuell beliebteste und meist genutzte Verallgemeinerung „die Flüchtlinge“ ist. Für viele Menschen reicht schon ein negativer Zeitungsartikel oder Fernsehbericht, um sich eine pauschale – leider häufig sehr negative – Meinung über „die Flüchtlinge“ zu bilden. Hier wird deutlich, was Verallgemeinerungen anrichten können. Wenn ich diese Menschen jedoch aus einer anderen Perspektive betrachte und mir jedes einzelne Schicksal ansehe, dann verändert sich mein Blick vollkommen und eine große Traurigkeit überwältigt mich, weil ich sehe, wie viel Leid ein einzelner Mensch erfahren hat und jetzt in der Fremde mit diesem Leid – häufig alleine – klarkommen muss.
Natürlich ist hier eine Gemeinsamkeit nicht von der Hand zu weisen: Menschen mussten aus bestimmten Gründen aus ihrem Heimatland flüchten. Doch die Tatsache der Flucht sagt nichts über Religionszugehörigkeit, Kultur, Erziehung oder Bildung aus. Dennoch werden alle Geflüchteten von vielen Menschen in einen Topf geworfen. Vergleichbar wäre diese Situation mit einem Szenario, in dem ein Mann mit großen Ohren einen Laden ausraubt. Von diesem Moment an ist ein großer Teil der Bevölkerung der Meinung, dass Männer mit großen Ohren notorische Diebe und von schlechtem Charakter sind. Niemand mit einem gesunden Menschenverstand würde diese Schlussfolgerung ziehen! Oder?
Achtsamkeit als Chance
Wieder zurück zu meinem Vorsatz für das Jahr 2018: Ich habe mir also vorgenommen, mir einfach etwas mehr Mühe zu geben, das Subjekt meiner Erzählungen zu präzisieren. Im Endeffekt zählt für mich immer nur der einzelne Mensch. Und besonders zählt natürlich der Mensch, der mich in meinem Herzen berührt. Dabei ist es mir egal, ob er schwarz oder weiß, Atheist oder Moslem, Fleischesser oder Veganer ist. Wenn er mich in meinem Herzen berührt, dann lösen sich sowieso alle Grenzen und alle Vorurteile auf. Dann kommt mir wieder Rumi in den Sinn, der sagte: „Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“
Um nicht alle in einen Topf zu werfen, braucht es deine bewusste Entscheidung, hier differenzierter zu werden. Achtsamkeit kann dich darin unterstützen, in Gesprächen darauf zu achten, dass du nur über das redest, was du auch tatsächlich kennst. D.h. dass du nur über deine persönlichen Erfahrungen sprichst. Bitte auch deine Gesprächspartner darum, ebenfalls ein ganz konkretes, selbst erlebtes Beispiel zu nennen.
Wenn du über etwas sprichst, verwende immer die drei Siebe:
- Das Sieb der Wahrheit.
- Das Sieb der Güte.
- Das Sieb der Heilung.
Was es mit den drei Sieben auf sich hat, erzählt die folgende Geschichte:
Die drei Siebe
Aufgeregt eilte Sammy zu seinem Guru: „Höre, Guruji! Ich muss dir unbedingt etwas erzählen. Dein Schüler Chris …“ „Warte bitte einen Moment“, unterbrach ihn der Guru, wohl wissend, dass Sammy seinen Mitschüler Chris ablehnte. „Hast du das, was du mir erzählen möchtest, durch die drei Siebe laufen lassen?“
„Die drei Siebe?“, fragte Sammy voller Verwunderung. „Ja, genau. Die drei Siebe. Lass uns gemeinsam überprüfen, wie das, was du mir erzählen möchtest, durch die drei Siebe hindurchgeht. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, dahingehend überprüft, ob es auch wirklich wahr ist?“ „Nein“, antwortete der Schüler. „Ich habe es auch nicht direkt von Chris gehört, sondern nur von Walter, der Chris vom Sehen her kennt. Und …“ „So, so“, sagte der Guru, wohl wissend, dass Walter Chris nicht sonderlich mochte. „Aber sicher hast du die Geschichte mit dem zweiten Sieb geprüft, dem Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen möchtest, wenn schon nicht als wahr erwiesen, wenigstens gut und heilvoll?“ Zögernd antwortete der Schüler: „Nein, es ist genau das Gegenteil.“ „Dann lass uns schauen, wie deine Geschichte durch das dritte Sieb geht, das Sieb der Heilung. Ist es heilsam für Chris, mir das zu erzählen, was dich so erregt?“ „Naja“, sagte der Schüler in mittlerweile reumütigem Ton. „Heilsam ist es nun auch nicht.“ Da sprach der Guru: „Wenn deine Geschichte weder wahr, weder gütig, noch heilsam ist, dann verschone mich bitte mit ihr – und vergiss sie.“ (Aus: Alles ist Yoga von Doris Iding, Schirner Verlag 2015)