„Yoga is the journey of the self, through the self, to the self“ – Bhagavad Gita
Man hat es mehr als einmal gehört und auch mir selbst ist es passiert: Kaum hatte ich mich auf den Yogaweg begeben, veränderte sich mein ganzes Leben. Ich wusste plötzlich, was mich an meinem Leben stört und hatte auch den Mut, meine neuen Ziele durchzusetzen. Woran liegt es, dass ich das durchaus positive Schicksal so vieler Menschen teile? Kann Yoga uns dabei helfen, uns selbst näher zu kommen?
Yoga heute
Heutzutage finden sich meiner Meinung nach überwieigend zwei Gruppierungen von Yoga-Praktizierenden: die einen sehen Yoga als modernes Work-out, die anderen sind auf ihrem spirituellen Weg. Während die erstgenannte Gruppe sicherlich viel Positives aus den Bewegungen und Haltungen ziehen kann und vielleicht auch Yoga gerade deswegen so populär geworden ist, wissen diese Menschen oftmals nicht um den eigentlichen Hintergrund des Yoga. Heutzutage ist Yoga modern und in dem gestressten Alltag vieler als Ausgleich, körperlich wie geistig, etabliert. Das eigentliche Wissen – warum Yoga praktiziert wird – wird dabei oftmals leider nicht mehr vermittelt.
Beide Gruppen haben ihre Berechtigung. Jede Form der Bewegung, die sich positiv auf den eigenen Körper und Geist auswirkt, ist gut. Ob erstgenannte Form dann wirklich Yoga genannt werden sollte, könnte zur Diskussion gestellt werden.
Die zweite Gruppe hingegen hat für sich entdeckt, dass Yoga ursprünglich als Werkzeug gedacht ist. Als Werkzeug für einen ruhigen und reinen Geist, in welchem die wahre Natur besser gespiegelt werden kann. Patanjali beschreibt in den Yoga Sutras, dass durch Yoga der Geist diszipliniert werden kann, um eins mit dem Bewusstsein zu werden und den Zustand des Samadhi zu erreichen. Neben dem Respekt sich selbst und dem eigenen Körper gegenüber wird auch ein wahrhaftiges Verhalten gegenüber anderen gefordert. Körperliche Praxis und Meditation kommen eigentlich erst, wenn dies bereits umgesetzt wurde. Die eigene Achtsamkeit wird zunehmend geschult. Dann fällt einem die Wahl viel leichter, sich dafür zu entscheiden, was wahres Wohlbefinden fördert. Auch ich beobachtete eine Transformation bei mir selbst als ich mit Yoga anfing. Ich wurde feinfühliger und kam kaum umhin, etwas zu ändern, als ich merkte, dass mein damaliges Leben gar nicht meinen Wertvorstellungen entsprach.
Werkzeug für mutiges Leben
Jene Menschen, die Yoga und Meditation als Werkzeug verwenden, sind meiner Meinung nach auch oftmals genau diejenigen, die ihr Leben radikal verändern, nachdem sie anfangen haben, sich mit Yoga und dessen philosophischen Hintergrund zu beschäftigen. Je mehr ich selbst diesen Weg gehe, umso mehr Personen mit ähnlichem Hintergrund begegnen mir. Und das Schöne ist – uns allen geht es besser als früher. Obgleich wir vielleicht nicht alle Säulen der modernen westlichen materiellen Welt erhalten, können wir dennoch ein erfülltes Leben führen und glücklich sein. Es geht um die Überwindung der Existenzangst, die uns unser Geist vorspielt. Dabei sollten wir uns von den Gedanken distanzieren, da sie oft gar nicht unserem wahren Ich entsprechen, sondern uns von der Gesellschaft so suggeriert werden.
Auf in die Welt
Da ist zum Beispiel Daniela: Die Italienerin arbeitete mehr als ein Jahrzehnt in der europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main. Sie fühlte sich weder in ihrem Job erfüllt, noch war sie sonderlich mit ihrem Leben zufrieden. Vielen Menschen, egal welchen Alters, geht es ähnlich. Man gewöhnt sich an dieses Leben und redet sich ein, dass man doch alles hat, was es braucht, um glücklich zu sein (Wohnung, Arbeit und einen XXL Fernseher; anstatt wahrer Freunde zählen für manche nur Tinderdates oder Instagram Follower). Dass viele Menschen etwas anderes brauchen, um ein erfülltes Leben zu haben, wird oft nicht bedacht. Und dass das wahre Glück nur von Innen kommen kann, wird auch nicht akzeptiert, da dies als eine zu einfache Lösung erachtet wird.
Daniela fing an, nach Indien zu reisen. Zunächst nur ein paar Wochen mit einer Freundin, dann alleine und die Aufenthalte wurden immer länger. Irgendwann fasste sie den Entschluss, Wohnung und Beruf aufzugeben, um auf unbestimmte Zeit nach Indien zu gehen. Ziel war es, ihr Wissen in Bezug auf Yoga und Ayurveda zu vertiefen um dies, sobald der Zeitpunkt für sie gekommen ist, an andere Menschen weiterzugeben. Sie vertraut heute ihrer Intuition und folgt dem Fluss des Lebens. Es heißt, dass alles, was wir benötigen, auch immer zur Verfügung steht – man muss nur darum bitten. Mit diesem Wissen und einem Urvertrauen in die Energien, die alles verbinden, ist alles möglich.
Ausreden machen das Leben einfach – angeblich
Bei vielen Menschen ist aber die Angst zu groß: „Einen so guten Job würde ich nicht wieder finden. Ich kann nicht einfach wie du kündigen und ein Jahr reisen.“ Meiner Meinung nach ist das eine Ausrede. Viele Menschen sind mit ihrer Arbeit nicht zufrieden und beklagen sich ständig; an der Situation etwas zu ändern oder etwas Neues auszuprobieren fällt ihnen aber schwer. Sich mit sich selbst und den eigenen Wünschen zu beschäftigen, sowieso. Die Werbung macht es einem doch so schön einfach zu wissen, was man heutzutage unbedingt besitzen muss. Sich selbst zu realisieren ist nicht einfach. Vielleicht kostet der erste Schritt hin zum wahren Ich etwas Kraft – aber danach wird vieles einfache und sinnvoller. Je mehr man sich auf sein wahres Ich verlässt, desto mehr kommt es zum Strahlen und gewinnt an Kraft. Im besten Fall kann es dann auch andere Menschen mitreißen. Und so würde ein positiver Kreislauf entstehen, der vielleicht im Kleinen anfängt, aber Großes bewirken kann.
Mut zum Neuanfang
Auch Nadia, halb Ägypterin – halb Engländerin, ging ihren Weg. Sie kam aus der Investmentbanking Branche und ihr Leben wurde mit der Zeit immer stressiger. Irgendwann sah sie, dass in ihrem Fitnessstudio auch Yoga angeboten wurde und so probierte sie es eines Tages einfach mal aus. Statt in andere Kurse zu gehen, fiel ihr irgendwann auf, dass sie nur noch automatisch zu den Yogakursen ging. Nach nur wenigen Monaten wollte sie mehr wissen und reiste nach Indien. Sie machte eine Intensivausbildung, fing an in London zu unterrichten und kam nach kurzer Zeit zu der Erkenntnis, dass dies nicht das Leben ist, das sie führen möchte und das ihren Prioritäten entspricht. Erst verbrachte sie sechs Monate in Mexico, dann reiste sie nach Portugal – wo sie sich niederließ. Sie eröffnete ein Studio und kann heute davon leben. Mittlerweile ist sie mehr als ein Jahr vor Ort und macht einen sehr zufriedenen Eindruck.
Innere und äußere Stärke
Anstatt zu sagen, es sei viel zu riskant, sein Leben zu ändern und einfach etwas Neues zu machen, könnte man es einfach einmal ausprobieren – falls man mit dem Ist-Zustand nicht zufrieden ist. Das Einzige, was es erfordert, ist: eine bewusste Entscheidung. Alles Weitere kommt ins Rollen, wenn man seinen Weg geht. Ich hätte mir vor einem halben Jahr nicht erträumt, für einen Blog zu schreiben oder durch Zufall als Model in einer Zeitschrift zu erscheinen. Nächste Woche beginnt meine Reise in Kolumbien, dann geht es weiter durch Südamerika, nächstes Jahr nach Asien. Zwischen den Reisen komme ich nach Europa, wo ich zwei Yogaausbildungen absolviere. Ein sehr spannendes Leben im Gegensatz zu meiner früheren Tätigkeit als Analystin bei einer brasilianischen Bank.
Ich spielte schon länger mit dem Gedanken auf Reisen zu gehen, aber auch ich fand bislang immer eine Ausrede. Yoga als Gesamtkonzept gab mir die mentale Kraft, mehr an das zu glauben, was in mir steckt und wieder in das Leben und mich selbst zu vertrauen. Auch physisch fühle ich mich stärker und bin nun bereit, das Leben anzunehmen, so wie es kommt. Ich achte mehr auf mich selbst und auf andere: angefangen von der Ernährung bis hin zur Art und Weise, wie ich mit anderen Menschen kommuniziere.
Einige dieser Stärken haben bereits in mir geschlummert, durch das Praktizieren von Yoga kam ich mehr bei mir an und mein wahres Ich kann nun strahlen. Durch Yoga kommen wir aber nicht nur uns selbst näher, sondern auch der allumfassenden Natur und der Göttlichkeit, die in allem liegt. Alles was es braucht, ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die Kraft des wahren Ichs anzuerkennen.