Das Bewusstsein des Menschen hat sich gewandelt. Was bedeutet das für die Meditation? Über die Lichtnatur des Gedankens als Schlüssel zu einer neuen Meditation im Alltag
Meditation ist so alt wie die Menschheit selbst. Sie stellt einen dem menschlichen Leben zugehörigen Teil dar, man könnte auch sagen, den spirituellen Teil der menschlichen Existenz. Jede Religion, jedes Volk, jede Epoche kennt ihre eigenen Meditationsformen. Die Bezeichnungen und Methoden mögen jeweils unterschiedlich sein, doch haben sie alle im Grunde das gleiche Ziel: die authentische, wahre und lebendige Verbindung zu einem tieferen inneren „Selbst“, zu Gott, zum universellen All-Einen oder zu einer noch unbekannten, verborgenen, sowohl inneren als auch äußeren, transzendenten, höheren, spirituellen Dimension zu finden. Die heutigen Meditationsformen gehen beinahe alle aus den Überlieferungen alter, vergangener Kulturen hervor, wie zum Beispiel beim Yoga. Das Bewusstsein des Menschen jedoch hat sich im Laufe der Jahrtausende gewandelt.
Der Mensch heute geht bei seiner Erforschung der Welt ganz von der sichtbaren Materie aus. Das menschliche Wesen zum Beispiel hat sich nach heutiger Auffassung in einer schrittweisen Entwicklung (Evolutionstheorie nach Charles Darwin) aus primitiven Urformen entwickelt, man vermutet, aus Primaten. In früheren Zeiten, selbst noch im 18. Jahrhundert, hatten die Menschen laut Rudolf Steiner (1861–1925), dem Begründer der Anthroposophie, ganz andere Vorstellungen. Man ging von vormenschlichen Daseinsstufen aus, die geistiger waren, als es die jetzigen sind. Das berühmte Gemälde des italienischen Malers Raffael (1483–1520) vom Erzengel Michael – von dem später noch die Rede sein wird – entspringt einer solchen ehemaligen Weltanschauung. Es beschreibt eine „Realität“, die einer geistigen Daseinsform entspricht. Der so genannte „Streit des Erzengels Michael mit dem Drachen“ wurde vom Maler als tatsächlich existierende, innere (geistige) Realität wahrgenommen und mit weltlichen Bildern dargestellt. Heute wäre so etwas nicht mehr denkbar. Die Wissenschaft, die sich vollständig von der Spiritualität separiert hat, lässt derartige Vorstellungen nicht mehr zu, sie sind nach ihrer Auffassung Fantastereien. Die Spiritualität wird heute nur noch abstrakt gedacht, sie wird jenseits aller konkreten Formen und aller Beschreibbarkeit als subjektiv, nicht erforschbar und somit als reine Glaubensfrage behandelt.
Aus dieser grundlegenden Wandlung des menschlichen Denkens und Fühlens ergibt sich die Notwendigkeit einer Neuorientierung. Die Überlieferungen aus vergangenen Zeiten mit Bildern und Formulierungen, die dem Weltbild der damaligen Menschen entsprechen, sind für […]