Nirgendwo kommt das Ziel der Meditation so deutlich zum Ausdruck wie im Zen: Zen-Geist ist Anfängergeist. Damit ist gemeint, dass wir sowohl in der stillen Meditationspraxis als auch im Alltag alles mit einem frischen, offenen und wertfreien Blick betrachten. Von Moment zu Moment. Wo dieses Konzept seinen Anfang nahm, erfährst du hier.
Die Essenz des Zen bedeutet: Wer Erleuchtung erlangt, der schaut das wahre „Ur-Antlitz“. Damit ist die wahre Buddha-Natur, unser wahres, tiefstes Wesen gemeint. Auch wenn dieses wahre Wesen jedem Menschen innewohnt, so haben es doch viele vergessen. Zen ist ein wunderbarer Weg, es sowohl auf dem Meditationskissen als auch mitten im Alltag zu erfahren.
Die Wurzeln des Zen liegt, wie auch die der anderen buddhistischen Traditionen, in Indien. Seinen Weg nach Japan fand es in den ersten Jahrhunderten der Zeitenwende über China. Dort entwickelte sich in Verbindung mit Daoismus und Konfuzianismus eine eigene Tradition, das so genannte Chan (chinesische Übertragung des Sanskrit-Wortes Dhyana / Versenkung). Als Begründer des chinesischen Chan gilt Bodhidharma, der Sohn eines südindischen Brahmanen-Königs. Er lebte von 470 bis 543 n. Chr.
Die Essenz seiner buddhistischen Lehre bildete Dhyana, die Versenkung. Ganze neun Jahre praktizierte er diese Form der Meditation der Legende zufolge vor einer Felswand. Damit legte er den Grundstein für das so genannte Zazen (jap. „Sitzen in Versunkenheit“), welches der japanische Zen-Meister Dogen später als den Torweg zur vollkommenen Befreiung bezeichnete. Die Grundlage seiner Belehrungen bildeten die traditionellen Sutras des Mahayana-Buddhismus, und hier insbesondere das Lankavatara-Sutra, in dem die innere Erleuchtung eine zentrale Rolle spielt. Durch diese unmittelbare Erfahrung der Nondualität wird das Alltagsbewusstsein, das permanent in Du und Ich, in Subjekt und Objekt unterscheidet, überwunden. Bodhidharma machte bereits darauf aufmerksam, dass Worte alleine nicht reichen, um die Erfahrung dieser Lehre zu übertragen. Erleuchtung erlangen wir nicht durch Bücher, sondern nur durch die unmittelbare eigene Erfahrung. Diese Haltung spielt bis heute eine zentrale Rolle im Zen.
Während der indische Buddhismus noch stark von mystischen Elementen geprägt war, wichen diese der praktischen Mentalität der Chinesen, die vom Daoismus und Konfuzianismus geprägt waren. Das Wu wei, das so genannte absichtslose Handeln, und das Dao, der Weg, spielten eine wesentliche Rolle im Chan. Die Chan-Meister verzichteten zunehmend auf theoretische Erklärungen und […]