Breathwork bedeutet, den Atem zu nutzen, gezielt und bewusst zu lenken und um die Wirkung verschiedener Atemtechniken und -übungen zu wissen. Mithilfe dieser Übungen werden körperliche, mentale und auch seelische Selbstheilungskräfte aktiviert. Das Wirkungsspektrum des Breathwork reicht von Stressreduktion, Erlangung von mehr Gelassenheit und Steigerung des Wohlbefindens bis hin zum Erreichen körperlicher Höchstleistungen und dem Wiedererleben der eigenen Geburt.
Was ist Breathwork?
Dass diese Bandbreite an Wirkungen von Atemübungen nicht nur einer einzigen „Schule“ geschuldet ist, liegt auf der Hand. Breathwork gibt es in mehreren Varianten: Holotropes Breathwork, Rebirthing, Pranayama-Breathwork, Shamanic Breathwork, die Wim-Hof-Methode etc.
Was jedoch alle Arten gemein und zum Ziel haben, ist ein stärkeres Erleben des Bewusstseins und die Stärkung der Verbindung zwischen Körper und Geist.
Das Pranayama-Breathwork, welches ich selbst gelernt habe und auch in meinen Workshops und Seminaren weitergebe, ist ein Teil der großen Breathwork-Familie. Pranayama ist eine der ältesten Formen der Atempraxis, deren Ursprünge bis auf die Upanishaden zurückgehen Prana, unsere Lebenskraft (im chinesischen Chi, im Japanischen Ki genannt), wird gelenkt, was der Bedeutung von Yama entspricht. Ayama kann mit Ausdehnung übersetzt werden. (Das Kompositum Pranayama wird in den alten Texten zumeist mit langem a geschrieben, was der letzteren Variante gleichkommt, – also der Zusammensetzung aus Prana und Ayama, Anm. d. Red.)
Mehr Klarheit, Willenskraft und Bewusstsein mit Pranayama-Breathwork
Pranayama-Breathwork ermöglicht, durch das Üben einer bewussten Verlängerung der Einatmung und des Luftanhaltens zum einen die Energie des Atems aufzunehmen und zum anderen diese Energie zu speichern und zu nutzen. Mit der Ausatmung entledigen wir uns schließlich von Gedanken und Gefühlen. Durch diese bewusst gesteuerte Abfolge erreichen wir starke Willenskraft und ein klares Denken.
Im Breathwork des Pranayama konzentrieren wir uns also auf die Lenkung und Ausdehnung unserer Lebenskraft. Diese bewusst angewandten Atemtechniken entwickeln sich über längere Übungsphasen zu unbewussten Atemmustern. Dabei werden verschiedene Muskelgruppen angesprochen: Zwerchfell, Bauch-, Brust- und Beckenbodenmuskeln. Mithilfe dieser Muskeln werden die Atembewegungen kontrolliert. Während der Übphasen erhöht sich die Sensibilität für innere wie äußere Vorgänge des Atmens. Gewohnte Vorgänge der Atmung werden so zu ganz bewussten. Da im menschlichen Organismus kognitive und physiologische Prozesse in engem Zusammenhang stehen, lassen sich emotionale Zustände an der Reaktion der Muskeln nachweisen:
Angst resultiert in flacher und schneller Atmung. Erschrecken wir uns, halten wir die Luft an. Diese unbewussten Atemreaktionen sind also stark mit unbewussten emotionalen Mustern der Psyche verknüpft. Mittels regelmäßiger Praxis des Breathwork, verlieren diese Gewohnheiten ihren zwanghaften Charakter und erfahren eine bewusste Veränderung. Eine ruhige Atmung beruhigt unseren Geist. Atmen wir unregelmäßig, ist unser Denken unstet. Um Stetigkeit des Denkens zu erlangen, ist es wichtig, den Atem lenken und kontrollieren zu können. Der Impuls zum Atmen geht wiederum vom Gehirn aus und beeinflusst so auch unser Bewusstsein und unseren Willen.
Was bewirkt Pranayama-Breathwork?
Die Vorzüge des Pranayama-Breathwork bestehen bei regelmäßiger Ausübung in einer Vergrößerung des Atemvolumens, die Atmung wird ruhiger, der Atemzyklus langsamer, was wiederum in einem optimalen Gasaustausch in der Lunge mündet.
Regelmäßig praktiziertes Breathwork steigert die Amplituden der Thetawellen im Gehirn und die Aktivität des Parasympathikus, was wiederum eine erhöhte Wachheit und Energetisierung zur Folge hat.
Unsere Erfahrungen der Vergangenheit (positive wie negative Erlebnisse) haben Spuren in unserer Physiologie hinterlassen. Diese Erfahrungen leben in unserem Nervensystem weiter und entsprechend reagiert unser Körper auf ähnliche Ereignisse, die uns heute und in Zukunft widerfahren. Das alles kann sich tatsächlich hochschaukeln und förmlich zu richtigen Stress-Traumata führen. Kurz gesagt: Unsere Gefühle schaffen Erfahrungen und beeinflussen so unser künftiges Verhalten.
Die Atmung und der Vagusnerv
Mit unserer Atmung können wir diese Erfahrungen und deren Auswirkungen „hacken“. Die Atmung beeinflusst Körper und Geist und kann so dazu beitragen, mit klaren Gedanken Erfahrungen der Vergangenheit zu verarbeiten und zu bearbeiten. Wissenschaftlich belegt ist die Wirkung des Breathwork auf Körper und Geist durch den Effekt auf den Vagusnerv.
Der Vagusnerv ist Teil des parasympathischen Nervensystems. Er erstreckt sich vom Hirnstamm über die Luftröhre bis in den Bauchraum. Auf diesem Weg durchwandert der Vagusnerv einen Großteil der Organe, darunter das Herz, die Lungen, Niere, Gallenblase, Leber, Milz und der Magen-Darm-Trakt bis in die Geschlechtsorgane. Der Vagusnerv ist somit an der Regulierung dieser Organe beteiligt und leitet ebenso Informationen in die andere Richtung an das Gehirn weiter. Das hat natürlich Einfluss auf unser Verhalten, die kognitive Leistung und Emotionen. Letzteres wird durch die Ausschüttung von Botenstoffen im Gehirn (Dopamin, Adrenalin, Serotonin etc.) beeinflusst.
Tiefe Atmung stimuliert den Vagusnerv. Ein gut arbeitender Vagus kann so u. a. energetische Spannungen lösen und Klarheit und Leichtigkeit möglich machen.
Fazit: Breathwork und Bewusstsein
Kurz gesagt, reinigt das menschliche Atmungssystem Körper und Geist. Mit dem Pranayama-Breathwork halten wir dazu den Schlüssel in der Hand.