Der 1. Teil dieser neuen Serie bietet den Einstieg in ein umfassendes Verständnis von einer wesentlichen Yogapraxis: Pranayama. Zu Beginn erforschen wir den natürlichen Atem und widmen uns der bedeutenden Praxis des vollen yogischen Atems.
Pranayama wird sehr oft als kleine „Beigabe“ einer Yogaklasse vermittelt, was der tatsächlichen Bedeutung und Veränderungskraft dieser yogischen Praxis jedoch nicht gerecht wird. Sie ist ein wichtiger Abschnitt auf dem yogischen Weg vom Hatha-Yoga zur Meditation und greift das auf, was mit Asana beginnt. Mit einer hohen Einstellung und einer tiefen Verbindung zum Herzen beginnt der yogische Weg. Durch die Praxis von Pranayama kann er unser Leben – im Einklang mit unserem Wunsch, der inneren Essenz näherzukommen – nachhaltig verändern.
Prana ist das Sanskrit-Wort für die Lebenskraft oder Lebensenergie, die alles zusammenhält und in jeder Form der Manifestation lebt und aktiv ist. Unsere Verbindung zu Prana manifestiert sich in der Atmung. Die Beschäftigung mit dieser Lebenskraft wird in der yogischen Praxis von Pranayama gelehrt und geübt. Pranayama heißt „Verlängerung der Lebensenergie“, und Patanjali legte in seinen Yogasutras einen Grundstock, indem er ganz detailliert auf die Regulierung der Ein- und Ausatmung sowie auf die Pausen zwischen den Atemzügen einging. Basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen können wir heute die angedachten Erfahrungen ergänzen und vertiefen.
Zuerst geht es um eine Aktion des Zuhörens – wir horchen tief in uns hinein. Wenn wir diese Erfahrung des Hineinhörens und Empfangens durch regelmäßiges Üben vertiefen, begreifen wir, dass es sich um eine „doppelte“, zweifache Wahrnehmung handelt: Erst einmal kommt durch das Hören die äußere Welt zu uns. In einem nächsten Schritt führt uns der Blick dann zu unserer „inneren“ Welt, der Welt der Gedanken, Emotionen, inneren Sensationen und Einstellungen, die uns in der Tiefe bestimmen. So können wir begreifen, wie der innere mit dem äußeren Körper in einem ständigen Dialog steht, der unseren Atem direkt beeinflusst und sich auf unsere Gesundheit und unser ganzes Sein auswirkt.
Das Beobachten unserer Ein- und Ausatmung öffnet uns den Blick auf unsere grundsätzliche Haltung dem Leben gegenüber. So zeigen uns die Tiefe, die Leichtigkeit und das Wohlbefinden bei der Einatmung unsere Offenheit und Fähigkeit, das Leben anzunehmen und zu umarmen. Die Freiheit und die Leichtigkeit in unserer Ausatmung dokumentieren unsere Fähigkeit, Dinge anzunehmen und geschehen zu lassen, […]