Der Schlüssel liegt in der Balance: Mit der gleichförmigen Atembewegung, die bei Samavrtti-Pranayama angewendet wird, wird ein energetisches Gleichgewicht erzeugt.
Mit dieser scheinbar simplen Atemübung findet jeder Mensch in den inneren Schutz- und Ruheraum.
Yoga und die Impulse meiner Lehrer haben mir eine seltsame Gabe beschert: Egal wo ich bin, ich nehme sofort die Atemmuster meiner Mitmenschen um mich herum wahr. Das kann ein ganz amüsanter und lehrreicher Zeitvertreib sein, etwa in der Straßenbahn. Es ist bei gut gelaunten Menschen eine sehr freudvolle Beschäftigung. Doch es kann zur Herausforderung werden, wenn ich Menschen begegne, die leiden. Lasse ich mich auf deren Atemmuster ein, können sich Abgründe auftun. Es ist ein riskantes Spiel! Mit einem Schaudern stelle ich mir vor, in diese Abgründe hineingezogen zu werden. Doch glücklicherweise passiert das nicht. Was mich davor schützt? Die „fortgeschrittenste“ Pranayama-Übung, die mir meine Lehrer geschenkt haben: Samavrtti-Pranayama. Sama bedeutet „gleich“ und vrtti „Bewegung“. Der Name ist hier Programm: gleichförmige Atembewegung.
Das Muster ist im Grunde einfach, nämlich gleichmäßiges, tiefes Ein- und Ausatmen, so rund und flüssig, dass keinerlei Pausen entstehen, weder in der maximalen angenehmen Fülle des Atems noch in seiner angenehmsten Form der Leere (die Länge des Ein- und Ausatemstroms ist also 1:1). Was so unscheinbar – und oberflächlich „einfach“ und so gar nicht „fortgeschritten“– daherkommt, ist in der praktischen Umsetzung für sehr viele Menschen heutzutage eine große Herausforderung. Zumindest wenn es darum geht, diese Atmung über einige Zeit durchzuhalten – und wie immer braucht das Einsetzen der Wirkung seine Zeit. Manche Yogastile nutzen T. Krishnamacharyas Prinzip der völligen Kopplung von Atmung und Bewegung, etwa Viniyoga und ParaYoga®. Dabei wird zumindest als Einstieg immer Samavrtti-Pranayama in Bewegung angewendet, und Ein- und Ausatmung werden im Verhältnis 1:1 an die Bewegung gekoppelt. Die Kopplung an die Körperbewegung – beispielsweise das Heben der Arme mit der Einatmung und das Senken mit der Ausatmung – macht es uns einfacher, das Prinzip von Samavrtti in Aktion zu „erspüren“. Auf diese Weise lässt sich Samavrtti-Atmung als primäres Atemmuster für das ganze Leben üben. In diesem Sinn ist Samavrtti fortgeschrittener Pranayama.
Was macht eine fortgeschrittene Übung aus? Erwähnt man das Wort Pranayama, denken wir meist sofort an Kumbhaka, das Anhalten des Atems in Fülle oder Leere. Heißt dann „fortgeschritten“, den […]