Konstanter Bestandteil der Kriyas: Pranayama im Kundalini-Yoga.
Atmen: kann jeder, macht jeder – meistens unbewusst und ganz automatisch. Atmen ist jedoch weitaus mehr als der rein physische Prozess des Luftholens und Ausatmens. Die Art und Weise unserer Atmung beeinflusst unser persönliches Wohlbefinden, unseren Umgang mit Stress, unsere Konzentrationsfähigkeit. Oft ist die Atmung situationsbedingt: In stressigen Momenten fließt der Atem schnell und flach, in entspannten Phasen intensiv und tief.
Angeblich verfügt jedes Lebewesen nur über eine bestimmte Anzahl von Atemzügen. Ziel des langen, tiefen Atems, der im Yoga gelehrt wird, ist nicht pauschal die Verlängerung der Lebenszeit durch eine bewusste Reduzierung der Atemzüge, sondern er dient vor allem dazu, das Lebensniveau zu erhöhen. Schnelles, unregelmäßiges Atmen in den oberen Brustkorb führt genauso wie das paradoxe Atmen, bei dem der Bauch beim Einziehen nach innen statt sanft nach außen gewölbt wird, zu chronischer Anspannung und zu Blockaden im Energiefluss – purer Stress. Bewusste, intensive Atemzüge hingegen beruhigen und lassen Prana durch den ganzen Körper fließen: Die Lungenkapazität erhöht sich, Vitalität und Zuversicht werden gestärkt. So fängt nach Yogi Bhajan, dem Begründer des Kundalini Yoga, das Menschsein erst bei vier Atemzügen (oder weniger) die Minute an. Das wahre Bewusstsein stellt sich erst durch eine Verlangsamung der Atmung ein. So wirkt ein veränderter Atemrhythmus direkt auf die Hypophyse, die Einfluss auf alle anderen endokrinen Drüsen hat, die wiederum den Hypothalamus und Thalamus, das so genannte „Tor des Bewusstseins“, beeinflussen.
Atmung als Energiemanagement
Unsere Grundwahrnehmung des Außen wird durch unseren Atemrhythmus bestimmt. Ebenso wie unsere Atmung auf unterschiedliche Situationen und Stimmungen reagiert, ist es umgekehrt genauso möglich, durch eine bewusste Atemführung das eigene Empfinden auf körperlicher und emotionaler Ebene zu beeinflussen. Im Kundalini Yoga, wie auch in allen anderen Yogastilen, spielt die Beherrschung von Ein- und Ausatmung, die Pranayama-Praxis, eine entsprechend wichtige Rolle. Die bewusst geführte Atmung, in der Regel durch die Nase und mit geschlossenem Mund, kann als eine Art feinstoffliches Energiemanagement verstanden werden, das mit Hilfe verschiedener Atemrhythmen, spezieller Mund- und Kieferbewegungen oder durch den Einsatz unterschiedlich langer und tiefer Atemzüge das Fließen von Prana, der Lebensenergie, aktiviert und lenkt. Sei es der beruhigende lange, tiefe Atem, die ausbalancierende Wechselatmung oder der stärkende Ujjayi-Atem.
Im Kundalini Yoga […]