Pranayama ist die wissenschaftliche Kunst den Atem zu meistern. Es ist hilfreich, wenn wir eine richtige Atemgewohnheit entwickeln wollen oder wenn wir Konzentration für unsere Meditationsübungen benötigen. Durch pranayama entwickeln wir eine vitale Gesundheit und starke Energie. Es hilft uns dabei, eine physische Krankheit oder ein psychologisches Problem zu heilen und zu überwinden. Der Atem ist das Fahrzeug, welches die lebensspendene Essenz Prana in den Körper hineinträgt. Während unseres gesamten Lebens befördert jede Einatmung prana in den Körper, während bei der Ausatmung prana ausgeschieden wird. Ungefähr sechs Monate vor dem Tod verändert sich dieser Prozeß. Bei der Einatmung wird kein prana mehr in den Körper aufgenommen und jede Ausatmung leert das noch vorhandene prana aus unserem Körper – bis der Tod aus Mangel an prana eintritt
Vor vielen Jahren wohnte ich der Eröffnungszeremonie eines spirituellen Kongresses bei, die im Freien abgehalten wurde. Es war ein äußerst kalter, windiger Nachmittag. Neben mir stand ein großer, stattlicher tibetanischer Lama, der mit nichts als einem dünnen Stoff bekleidet war. Ich hingegen trug eine sehr dicke, warme Jacke und fror bis auf die Knochen. Bevor ich nach der Zeremonie zum Aufwärmen ins Haus ging, unterhielt ich mich einen Moment lang mit dem Lama. Bei der Begrüßung umhüllte er mit seinen Händen die meinen und bemerkte: „Ach, Sie armer Junge. Ihre Hände sind so kalt!“ Dieser Lama hatte die Fähigkeit, selbst bei kältestem Wetter, durch das Benutzen von uralten yogischen Atemtechniken, seine Körpertemperatur zu regulieren und sich warm zu halten. Mit Hilfe solcher Praktiken sind Yogis ohne weiteres fähig, z.B. neben einem lodernden Feuer in der Sommersonne oder im kalten Winterwind, in nasse Decken gehüllt, zu meditieren. Ich gelobte damals auf der Stelle, fortan meine Pranayama-Techniken fleißiger zu üben.
Schon innerhalb der etymologischen Bedeutung des Wortes „pranayama“, sind die Geheimnisse dieser hochentwickelten Wissenschaft zu erkennen. Die Sanskritsilbe „pra“ bedeutet „geistige Energie, die herabkommt“. „Na“ repräsentiert die ewige göttliche Schwingung in uns, die uns geistig wachsen und uns entwickeln lässt. „Ya“ bedeutet die Fähigkeit zu entspannen, gleichzeitig Kraft aufzubauen und diese geistige Kraft auch in die Tat umzusetzten. Und „ma“ stellt schließlich das mütterliche Prinzip des Universums dar und meint die Fähigkeit, diese mütterliche Energie durch den Atem zu modulieren. „Prana“, mit einem kleinen ‚p‘, […]