Richard Hackenberg ist im deutschsprachigen Raum einer der Pioniere in Sachen Pranayama. Für YOGA AKTUELL erläutert er seinen vielschichtigen Zugang zu dieser für ihn so wichtigen Praxis.
Panayama ist mir eine sehr kostbare Praxis aus dem großen Reichtum der unterschiedlichen Yogawege. Es ist nicht einfach, meine Faszination für Pranayama wirklich zu erklären, denn es scheint so normal zu sein, einfach zu sitzen und zu atmen. Allerdings ist „einfach atmen“ weit entfernt von Pranayama. Pranayama ist viel älter als das, was wir momentan als Yoga bezeichnen – die immer komplexer werdenden Asanas. Pranayama ist ein unmittelbares und sehr klares Erleben von Lebendigkeit und Energie auf einer tiefen und zugleich sehr stillen Ebene. Pranayama hat etwas Erhabenes, gleichzeitig Bescheidenes, und fast ist er ein heiliger Akt. Die Worte Atem, Adam, Atman, Odem und Aum klingen nicht zufällig so ähnlich. Pranayama lässt mich glücklich sein, und zwar während und nach der Praxis, der Tag ist ein anderer, und die Kontakte zu den Menschen sind anders: klarer, mehr aus mir heraus initiiert. Anders ausgedrückt: Ich nehme Kontakt mit der Welt auf, weil ich es wünsche, und nicht, weil ich glaube, es wird erwartet. Genausogut kann ich aber mehr bei mir sein und in mir ruhen. Es ist, als ob meine Welt mehr Energie enthielte.
Unverdientes Schattendasein
In meinem Beruf habe ich auf verschiedenen Ebenen mit Pranayama zu tun, und in allen Situationen erlebe ich immer wieder ein mehr oder weniger großes Vakuum an Pranayama. Es kommt irgendwie immer ein wenig zu kurz, so etwa, wie unsere Atmung im Alltag etwas zu kurz kommt. In den unterschiedlichen Formaten, in denen ich Yogalehrer ausbilde und unterrichte, wird regelmäßig der Wunsch geäußert, mehr über Pranayama zu lernen und ihn vor allem zu praktizieren. In Yogagruppen und Retreats kommt sehr positives Feedback, wenn ich den Tag mit einer ausgiebigen Pranayama-Session beginne, und im therapeutischen Setting ist Pranayama fast immer der Schlüssel zum Erfolg, egal ob es um körperliche, energetische oder mentale Probleme geht. Wieso also fristet Pranayama so ein Schattendasein?
Ein Grund ist sicher, dass es eine Praxis ist, die einen sehr intimen Bereich des Menschen direkt beeinflusst und damit sehr viel tiefer gehen kann als die mehr körperlichen Asanas. Die Atmung […]