Die Skandale um John Friend und ihre Folgen – Anlass für einen Lernprozess
Im März vergangenen Jahres berichtete das Nachrichtenmagazin FOCUS relativ ausführlich von den Verfehlungen des texanischen Anusara-Yoga-Gründers John Friend und von den nachfolgenden Verwerfungen insbesondere in der amerikanischen Anusara-Yoga-Szene. Zahlreiche Anusara-Yogalehrer waren auf Distanz zu John Friend gegangen, darunter langjährige Mitarbeiterinnen wie Amy Ippoliti und Elena Brower. Einige ehemalige Mitstreiter gingen auch zum Label Anusara® auf Distanz. Im FOCUS wurde über die Hintergründe u.a. folgendermaßen informiert:
„Das blütenweiße Image des Yoga hat einen hässlichen Fleck bekommen, seit Friend, 52, dem Gründer der Anusara-Richtung, allerlei Unappetitliches vorgeworfen wird. Fleißig Marihuana soll er geraucht haben. In die Rentenversicherung seiner Yoga-Lehrer soll er, nach zweijähriger Pause, erst auf Druck der US-Behörden wieder eingezahlt haben. Und am pikantesten: Mehrere sexuelle Verhältnisse mit teils verheirateten Schülerinnen soll er gehabt haben und die Frauen in spirituell angehauchten Sex-Therapien ‚geheilt‘ haben.“ (FOCUS Magazin Nr. 11 vom 12. März 2012)
Der FOCUS wies daraufhin, dass die amerikanische Yogalehrervereinigung in ihren Ethikregeln genau dies strikt untersagt: Intime Beziehungen zwischen Yogalehrern und Yogaschülern.
Abgesehen von diesem Beitrag im FOCUS und einem zuvor veröffentlichten Beitrag im Yoga Journal, in dem über die „Vorwürfe gegen Anusara-Gründer John Friend“ und dessen Vorliebe für den neuheidnischen Wicca-Kult berichtet wurde, war praktisch nichts von der Krise zu hören. Dies dürfte u.a auch an der Einschätzung der Situation durch Vilas Turske liegen, der, zusammen mit seiner Frau Lalleshvari, Anusara-Yoga in Deutschland populär gemacht hat und nach diesem System weiterhin unterrichtet und ausbildet.
Differenzieren zwischen dem System und seinem Gründer
Nachdem nun John Friend eigene Wege geht und die beschriebenen Vorgänge über ein Jahr zurückliegen, bat ich Vilas Turske darum, sich zu der Entwicklung zu äußern. Zunächst wollte ich von ihm wissen, ob es aus seiner Sicht etwas gibt, das man als eine Anusara-Yoga-Krise bezeichnen könnte.
Vilas Turske: „Da die Hälfte der Anusara-Yogalehrer ausgetreten ist, kann man das als Krise bezeichnen. Im selben Moment sehe ich, dass es vor allem in Europa zu keiner Abschwächung gekommen ist. Ich mache einen ganz deutlichen Unterschied zwischen einem System, das ich für eines der wunderbarsten Yogasysteme überhaupt halte, und dem Gründer. Wir waren nicht überrascht, dass es so gekommen ist, denn wir haben gesehen, wie rasant sich das […]