In den letzten Jahren ist ein globaler Paradigmenwechsel spürbar. Auch in der Medizin machen sich wichtige Veränderungen bemerkbar. Hier verändert sich nicht nur das Selbstverständnis der Ärzte, sondern auch ihre Auffassung vom Heilungsprozess der Patienten. So besteht das zentrale Anliegen von Klaus-Dieter Platsch, Arzt für Innere Medizin, Chinesische Medizin und Psychotherapie sowie Dozent der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur, darin, ein erweitertes Verständnis vom Menschen und von der Medizin zu vermitteln, in dem die Multidimensionalität des Menschen in den Vordergrund gestellt wird
Doris Iding: Wie kann das neue Paradigma in der Medizin charakterisiert werden?
Klaus-Dieter Platsch: Im Unterschied zum alten Paradigma nehmen wir in der neuen Medizin die Multidimensionalität des Menschen zur Kenntnis. Dazu gehört die Erkenntnis, dass er nicht ein vom anderen Menschen getrenntes Wesen ist. Sich als getrennt von anderen zu begreifen macht letztendlich seine Isolation und Vereinsamung aus. Darüber hinaus erweitern wir in diesem neuen Paradigma die bisher rein intellektuelle Qualität des Verstandes um die Qualität des Herzens.
D.I.: Was genau verstehen Sie unter Multidimensionalität des Menschen?
K.-D. P.: Multidimensionalität heißt, die enge Verbindung zwischen Körper und Geist zu erkennen und die organische und psychische Ebene um die seelisch-geistige Dimension zu erweitern. Und darüber hinaus ist der Mensch noch eingebettet in ein universelles Feld. Auf der einen Seite ist der Mensch Teil dieser Dimension, und auf der anderen Seite geht er darin auch ganz auf. Im alten Paradigma, das aus dem Weltbild Newtons herrührt, wird alles auf die Ebene der Materie reduziert. Hier existiert die Vorstellung, dass der Mensch eine Maschine wäre, auf die wir beliebig von außen einwirken können. Dasselbe geschieht auch im Kontext der Medizin, in dem wir Ärzte uns ebenfalls als außerhalb des Systems betrachten. Wir glauben, dass wir diejenigen sind, die etwas mit dem Patienten machen, nehmen dabei aber nicht zur Kenntnis, welche Interaktionen zwischen dem Patienten und dem Arzt passieren.
Mittlerweile haben wir viele wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen, die mit dieser rein materiellen Vorstellung nicht mehr übereinstimmen. Beispielsweise hat die Quantenphysik erkannt, dass hinter dem, was wir als Materie erkennen, keine Bausteine mehr existieren. Jenseits der Ebene der Elementarteilchen sehen wir nur noch ihre Spuren. Wir können allenfalls feststellen: Es gibt eine Wahrscheinlichkeit, dass zum Beispiel ein Elektron, ein Neutron oder […]