Kann ein neuer Name auf dem spirituellen Weg behilflich sein oder macht man sich damit nur etwas vor?
Für jemanden, der mit Yoga und anderen spirituellen Wegen noch nicht viel Berührung hatte, mag es etwas seltsam anmuten, wenn er beispielsweise ein Yogalehrerverzeichnis oder das Programmheft eines einschlägigen Kongresses in die Hand bekommt – dort ist von lauter Mahavishnus, Parvatis, Devishaktis und Yogeshwars die Rede. Vielleicht ist er ein bisschen erstaunt, denn es sind ja nicht etwa Lehrer und Dozenten aus Indien, von denen da zu lesen ist, sondern Meiers, Müllers, Schultes und Co. aus Flensburg, Castrop-Rauxel oder Rosenheim. Warum aber wollte Hans-Peter nicht mehr oder wenigstens nicht mehr ausschließlich Hans-Peter heißen und wie kam Ulla zu dem Namen Shantidevi, so fragt er sich womöglich. Und dies ist durchaus eine interessante Frage.
Viele fühlen sich wohl schon vom Klang dieser Namen magisch angezogen: die uralte Sanskritsprache, aus der solche spirituellen Beinamen zumeist stammen, hat für sie etwas faszinierend Geheimnisvolles, Magisches.
Die Macht des Wortes
Dem Vedawort wurde, zumindest zu früh-vedischer Zeit, ja auch tatsächlich magische Kraft zugeschrieben. Der Ausdruck für das Vedawort ist übrigens Brahman; hier liegt die älteste Bedeutung dieses Begriffs, der später als Begriff für das Absolutum geprägt wurde. Magisches Wirkpotenzial hat das Vedawort dem alten Glauben zufolge deshalb, weil Wahrheit in ihm liegt, und Wahrheit stellte man sich als leuchtende Substanz vor, die die mächtigste aller magischen Kräfte ist. Daher kann die Rezitation des Vedawortes eine Realität erschaffen und man hielt nur die Angehörigen der obersten Kaste für befugt und fähig zum Einsatz dieser Kraft, weshalb es allein ihnen vorbehalten war, die Veden zu rezitieren (daher auch ihr Name Brahmanen). So stößt man hier auf eine Auffassung von Worten, die stark von derjenigen Betrachtungsweise abweicht, welche in der abendländischen Sprachphilosophie vorherrscht. Während man in Letzterer Worte sozusagen als leere Hüllen versteht, die nur als Symbole für einen ihnen zugewiesenen Inhalt stehen, selbst aber an sich bedeutungslos sind, war ihnen also nach alt-vedischem Verständnis eine quasi substanzialisierte Wirkkraft direkt inhärent, die sich schon beim Aussprechen des Wortes entfaltete. Aber auch ungeachtet des alten Glaubens an die magische Wirkkraft zumindest des Vedawortes besitzt die Sanskrit-Sprache in den Augen so manch eines spirituellen Aspiranten eine besondere Tiefe, die er in der unseren […]