Wer schreibt, liest sich selbst – Poesietherapie und Kreatives Schreiben. Sich Blockaden von der Seele schreiben und Empfindungen in Worte fassen.
Schreiben. Was schreiben? Wie schreiben? Gut schreiben! „Wenn jemand versucht zu schreiben, hat er von Anfang an die Vorstellung, es muss etwas ganz Großes werden“, sagt Claus Mischon. „Schon in der Schule lernen wir, das Geschriebene permanent zu bewerten“, sagt der Dozent und Schreiblehrer vom Institut für Kreatives Schreiben Berlin e.V.. Diese Bewertung aufzulösen und drauf los zu schreiben ist das Ziel des Kreativen Schreibens.
Was den Fluss des Schreibens oftmals blockiert ist die Vorstellung, dass wir erst die richtigen Worte und Gedanken im Kopf haben müssten, um sie dann aufschreiben zu können. Doch oft funktioniert es umgekehrt. „Jeder Schreibprozess liest die Gedanken.“, sagt Mischon. „Wer schreibt, guckt sich beim Denken zu. Es ist ein Irrglaube, dass man beim Schreiben das Sprachliche abbildet. Beim Schreiben wird etwas Bildhaftes und Vorbewusstes auf das Lineare gebracht“.
Die Methode des Automatischen Schreibens wurde schon 1924 von den Surrealisten ins Leben gerufen. An den Universitäten Amerikas wurde vor rund hundert Jahren das „writing across the curiculum“ praktiziert. Studenten aus verschiedenen Fächern lernten dabei, z.B. eine mathematische Aufgabe in Worten zu formulieren. In Deutschland brachte die Reformpädagogik Methoden des Kreativen Schreibens in den Unterricht. Die Poesiepädagogik beschäftigt sich vor allem mit der Arbeit am Text. In der Poesietherapie und Bibliotherapie geht es mehr darum, sich selbst in den Texten zu entdecken und therapeutisch zu analysieren. Lyrische, epische oder dramatische Texte werden selber verfasst (Poesietherapie) oder gelesen (Bibliotherapie). Die Poesie eignet sich besonders gut als therapeutisches Mittel, weil sie das Unbewusste und Emotionale anspricht und allgemeingültige Sprachregeln nicht beachtet werden müssen. „Poesietherapie ist eines der ältesten Heilmittel, die es gibt und eines, das wir gerade wieder entdecken“, sagt die Poesietherapeutin Ingeborg Woitsch.
In der Poesietherapie wird das eigene Empfinden in ein sinnliches und poetisches Bild übersetzt. Durch die Verwandlung eigener Gedanken und Gefühle in Poesie entsteht ein Losgelöstsein vom Alltäglichen. Das allein hat schon einen therapeutischen Effekt. „Die poetische Sprache ist so etwas wie eine Zaubersprache“, sagt Gisela Rest-Hartjes. „Sie wird gerade von Menschen mit Beeinträchtigungen besonders geliebt“, sagt die Poesietherapeutin. Mit Kindern aus Bosnien hat Rest-Hartjes „Gedichte gegen die Angst“ entwickelt, die den […]