Auf der Suche nach dem passenden Meister. YOGA AKTUELL-Redakteurin Doris Iding wollte eigentlich den amerikanischen Guru Andrew Cohen interviewen. Doch nach dem Interview wollte Andrew Cohen nicht mehr, dass sein Interview veröffentlicht wird. Heraus kam dafür ein Text über erwachte Meister, charismatische Narzissten, naive Schüler und ein Kriterienkatalog, der helfen soll, den passenden Meister zu finden
Ein Interview mit einem spirituellen Lehrer ist für mich immer wieder eine besondere Begegnung. Die Freude über diese Art von Gespräch ist sehr groß, denn ich genieße es, mit einem solchen Menschen unter vier Augen sprechen zu dürfen. Die Nähe, die in diesen Momenten entsteht, vermittelt mir dann noch einmal auf eine ganz andere Weise die Ausstrahlung einer spirituellen Lehrerin oder eines Gurus, die oder der im Vergleich zu vielen anderen als spirituell sehr weit entwickelt oder sogar bereits als erwacht gilt. Neben der Freude schwingt auch immer ein Gefühl von Aufregung mit, wenn ich zu einem Interview komme, denn es ist ja im Vorfeld nie sicher, ob mein Interviewpartner und ich einen Draht zueinander haben. Meistens aber verflüchtigt sich dieses Gefühl sehr schnell, denn die Liebe, Weite und Offenheit, die die meisten Lehrer ausstrahlen, vermitteln mir ein unbeschreibliches Gefühl der Wärme und Liebe und beruhigen mich umgehend.
Anders ging es mir bei Andrew Cohen, einem amerikanischen Guru. Sein Lehrer H.L.Poonja aus Indien hatte ihn beauftragt, im Westen Erleuchtung zu lehren, was er seit 1986 tut. Wir trafen uns in München. Mich interessierte nicht so sehr, was er als Herausgeber der Zeitschrift „Was ist Erleuchtung“ und Autor des Buches „Erleuchtung ist ein Geheimnis“ über die Erleuchtung zu sagen hat, sondern eine Stellungnahme zu dem Buch „Liegestütz zur Erleuchtung – Lehrjahre bei einem amerikanischen Guru“ von André van der Braak. Darin beschreibt van der Braak, der 11 Jahre lang Schüler Cohens war, wie – so der Autor – der anfangs charismatische Andrew Cohen im Verlauf der Jahre immer narzisstischer wurde und bestimmte spirituelle Praktiken von seinen Schülern verlangte, um ihr Ego zu zerstören. So mussten sie – van der Braak zufolge – ihren Kopf kahl rasieren oder 1000 Niederwerfungen machen, stundenlang jeden Tag meditieren, Mantren rezitieren und sich gegenseitig demütigen, um so das Ego für die Erleuchtung zu töten. Eine andere Maßnahme schließlich war dass […]