Die Geschichte einer unzerstörbaren Freundschaft – und ein Film über Demenz
Als die kleine Romy täglich nach der Schule in den Friseursalon ihrer Oma Stine kommt, ist sie dort anfangs nicht sonderlich gern gesehen. Die Großmutter reagiert eher mürrisch auf die Enkelin; tut Romys alleinerziehender Mutter lediglich notgedrungen den Gefallen, als Betreuung einzuspringen. Doch schon bald entpuppt sich Romy nicht nur als große Hilfe im Salon, sondern auch als herzerweichende und wohltuende Gesellschaft. Dass Stine zunehmend Schwierigkeiten hat, das Wechselgeld korrekt herauszugeben, und sich zwar an alle Details ihrer Jugend in Dänemark erinnert, jedoch nicht mehr an das Bargeldversteck in der Couchritze, vermag die neu entdeckte gemeinsame Lebensfreude nicht zu trüben – die immer deutlicheren Gedächtnisschwächen der älteren Dame schweißen das ungleiche Duo nur noch mehr zusammen. Doch als Stine eines Tages verwirrt im Nachthemd im Salon erscheint, sind die Risse in der kleinen Welt der beiden nicht mehr aufzuhalten.
Was bleibt, wenn unsere stets so wohlgeordnete Gedankenstruktur zusammenbricht und wir uns nicht mehr auf unser Gedächtnis stützen können, erzählt die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Tamara Bos leise, unpathetisch und warmherzig. Das Thema Demenz, das so viele Menschen in unserer Gesellschaft betrifft – direkt als Erkrankte oder indirekt als Angehörige –, wird behutsam und realitätsnah dargestellt. Der niederländischen Regisseurin Mischa Kamp gelingt hier eine schöne Auseinandersetzung mit dem Thema, die u.a. zeigt, wie gut es ist, sich auf andere Menschen verlassen zu können, wenn die kognitiven Fähigkeiten nachlassen und man den so lange vertrauten Alltag schließlich nicht mehr ohne Hilfe bewältigen kann, und dass Verbundenheit auch dann noch bleibt, wenn das Erinnerungsvermögen geht. Der Film kann sicherlich nicht die Ängste nehmen, die viele Menschen in Bezug auf Demenz haben, und doch ist er in all seiner Ehrlichkeit ein tröstlicher Film. Und als Romy am Ende ihre eigene Art von Medizin für ihre Oma findet, spielt es für ein paar kostbare Momente keinerlei Rolle, dass es gegen Stines Erkrankung keine Medikamente gibt.
Nebenbei lässt die preisgekrönte Buchadaption auch anklingen, wie heilsam es oftmals ist, einen Schritt aufeinander zuzugehen, denn so wie die anfängliche Barriere zwischen Romy und ihrer Großmutter schmilzt und einer wunderbaren Freundschaft Platz macht, können manch innere Barrieren zwischen Menschen ganz leicht ausgeräumt werden, wenn man nur über den eigenen Schatten springt.
Zum Weiterlesen:
Nachdem das Thema Demenz kürzlich auch im Fokus eines Interviews stand, das wir mit der Yogalehrerin Natalie Stenzel für die Print-Ausgaben führen durften (siehe YOGA AKTUELL Heft 119), waren wir sehr gespannt auf ROMYS SALON und sind nicht enttäuscht worden.
Kinostart in Deutschland: 30.01.2020
Weitere Informationen: www.romyssalon.de