Der himmlische Mensch, oder Manu-Svayambhuva, der bist du und ich, der sind wir selbst, ganz und einfach in unserem geschöpften Wesen. Daran ist spirituell nicht zu rütteln. Mitten ins Herz unseres innersten Seelenkerns ist diese Idee hineingeträumt – als erstes Traum-Urbild des Menschen sozusagen.
Aus der vollkommenen Stille des lichtlosen Lichts entsprungen, musste der große Weltenträumer, den die Überlieferung den Ishvara nennt, an der Idee des Menschenwesens Gefallen gefunden haben, so dass er begann, den Menschen in die Welt hineinzuträumen. So entstand der Manu-Svayambhuva zunächst als rein feingeistige Idee und noch ganz erfüllt von Herrlichkeit, Weisheit und Göttlichkeit. In der Kabbala trägt dieser himmlische Mensch den Namen Adam Kadmon. Adam Kadmon ist non-dual ohne Geschlecht, Männliches und Weibliches also noch in Eines gefügt. Erst später, mit dem Hinabsteigen aus dem non-dualen Paradieserleben in immer stofflich dichtere Schöpfungszustände, kommt es zur Teilung, entstehen jene zwei Bewusstseinsströme, die wir im spirituellen Kontext des Westens mit Adam und Eva titulieren, kommt es zu secare bzw. sectum, was im Lateinischen scheiden bedeutet und heute im vielgebrauchten Wort Sex nachhallt.
Das nun in männliche und weibliche Teile getrennte Menschenwesen ist zum unterscheidbaren Geschlecht geworden, um den dualen Bedingungen stofflichen Traumerlebens Ausdruck zu verleihen. So ist der weibliche Bewusstseinsstrom in uns damit betraut, Schöpfung hervorzubringen, Gewebe zu erschaffen, und als „Weiberin“ oder „Weberin“ unentwegt dynamisch unser Traumgewebe zu weben. Er entspricht dabei jener Kraft (Shakti), die uns im wahrsten Sinne des Wortes „ver-körpert“. Der männliche Bewusstseinsstrom in uns hingegen ist der „Ent-körperung“ zugeneigt, dem Formlosen, dem Unfassbaren, dem Prinzip, das zwar alle Formen durchdringt, aber von ihnen selbst unberührt bleibt (Shiva). In diesem Bilde ist der Mensch ein alchemistisches Wesen, das sich ganz weiblich irdisch-mütterlich „bindet“ und ganz männlich himmlisch-väterlich „löst“, was sich in anthroposophischer Anschauung in den Begriffen vom „Erdsüchtigen“ und „Erdflüchtigen“ wiederfindet.
Wie wirken sich jedoch diese Bewusstseinsströme auf unser „reales“ Menschsein aus? „Geht“ es uns im Grunde genommen „schlecht“, seit wir „Geh-schlecht“ geworden sind? Werden wir etwa per se durch Geburt zu Leidensgenossinnen und Leidensgenossen, zu Expertinnen und Experten des einen oder des anderen Prinzips? Oder ist gar das eine besser als das andere? Schauen wir in unsere Welt, haben sich die beiden Pole über die Jahrhunderte und Jahrtausende in ein irrsinniges und […]