Über die authentische alte Mantra-Praxis: wie das individuelle Mantra gefunden und übermittelt wird, und welche Bewandtnis es damit hat.
„So wie Butter
im Kochvorgang die
Qualität und den Geschmack
des Essens verändert, so verändern Mantras die Konditionierungen
unseres Geistes.“
Swami Veda Bharati
Mantras sind in der Yogaszene vor allem durch das Mantra-Singen bekannt. Im Westen sowie z.T. auch in Indien werden uralte Sanskrit-Mantras gerne gesungen und gehört, da sie unter anderem eine friedliche Atmosphäre verbreiten. Traditionell praktiziert, haben Mantras allerdings eine wesentlich tiefere und stärkere Wirkung. Besonders unter der Leitung eines kompetenten Lehrers haben sie das Potenzial, die menschliche Persönlichkeit tiefgreifend zu verändern und das spirituelle Wachstum enorm zu beschleunigen.
In der Himalaya-Tradition ist mantrische Praxis eine wichtige Komponente. Diese Tradition ist eine etwa 5000 Jahre alte ungebrochene Ordinationslinie, die von Swami Rama (1925–1996) in den Westen gebracht und später von Lehrern wie Swami Veda Bharati in Indien und Pandit Rajmani Tigunait in den USA weitergeführt wurde. Vorranging handelt es sich hierbei um eine innere Tradition, in der kaum Rituale, dafür aber verschiedene meditative Praktiken angewendet werden.
Wenn sich Schüler entscheiden, ernsthaft innerhalb dieser Tradition zu lernen, können sie ein persönliches Mantra erhalten. Dieses ist auf den jeweiligen Schüler abgestimmt und wird innerhalb einer Initiationszeremonie übermittelt. Was diese Mantras sind, was sie bewirken, wie sie ausgewählt, weitergegeben und praktiziert werden, wird Thema dieses Artikels sein.
Mantras – ein Überblick
Ein Mantra ist eine Art Ton für das Göttliche im Menschen und setzt sich aus einer oder mehreren Silben zusammen. In Indien nennt man die alles durchdringende, göttliche Wirklichkeit Brahman. Diese Wirklichkeit umfasst Bewusstsein und Energie, die im endlosen Raum existieren. Im tantrischen System werden diese Kräfte Shiva und Shakti genannt, im Vedanta heißen sie Brahman und Maya, und in der Samkhya-Philosophie Purusha und Prakrti. Im Menschen werden sie durch Geist und Materie widergespiegelt; unser Körper ist eine verdichtete Form dieser Energie. Aus der indischen Perspektive ist Gott daher kein Wesen, sondern eine Erfahrung, die entsteht, wenn sich die individuelle (materielle) Energie mit dem kosmischen (geistigen) Bewusstsein vereinigt.
Die Rshis, die alten Weisen Indiens, verbrachten viel Zeit damit, ihr eigenes Bewusstsein zu erforschen. Dazu nutzten sie unter anderem Mantras, die […]