Der Meditationslehrer Stephen Batchelor ist seit fast fünfzig Jahren praktizierender Buddhist, geht aber ungewöhnliche Wege, die nicht bei allen Buddhisten gut ankommen. Im YOGA-AKTUELL-Interview spricht er u.a. über das Gleichgewicht zwischen stillem, bewusstem Alleinsein und dem Zusammensein in der Gemeinschaft.
Interview
YOGA AKTUELL: Sie sind einer der bekanntesten buddhistischen Lehrer hier in Europa. Wann haben Sie den Weg zum Buddhismus gefunden?
Stephen Batchelor: 1972, im Alter von achtzehn Jahren, reiste ich nach dem Abitur über Land nach Indien, wo ich mich in Dharamsala niederließ, der Heimat des im Exil lebenden Dalai Lama von Tibet. Ich habe mich sofort in einen Kurs über den Buddhismus eingeschrieben und habe ihn seitdem studiert und praktiziert.
Warum hat Sie der Buddhismus so angezogen?
Wie viele aus meiner Generation suchte ich nach einer religiösen oder spirituellen Tradition, die die tiefsten Fragen meines Lebens ansprechen konnte. Ich war desillusioniert vom Christentum und dem säkularen Humanismus meiner Kindheit und inspiriert von dem, was ich über asiatische Religionen wie den Buddhismus gehört hatte.
Haben Sie im Laufe dieser jahrzehntelangen Praxis irgendwelche Zweifel daran gehabt, ob der Buddhismus Ihnen alles offenbaren kann, nach dem Sie sich sehnen?
Der Buddhismus hat mir sowohl eine Philosophie als auch Praktiken vermittelt, die mir enorm geholfen haben. Einige Lehren, wie die von der Reinkarnation und die vom Karma, haben mir jedoch nie wirklich etwas gesagt. Da diese Ideen für den orthodoxen Buddhismus zentral sind, habe ich viele Jahre damit verbracht, eine säkulare Form der buddhistischen Lehre zu artikulieren, die mit unserem Zustand der Moderne resoniert, ohne die wichtigsten Einsichten des Buddha aufzugeben.
Sie beschreiben auch Ihre Ayahuasca-Erfahrung. Aber das ist nicht wirklich kompatibel mit Buddhismus, oder?
Traditionell hat der Buddhismus viele verschiedene Formen angenommen, einschließlich der Formen des Tantrismus, die sexuelle Praktiken und das ritualisierte Trinken von Alkohol beinhalten und die auch von vielen als mit dem „wahren“ Buddhismus unvereinbar angesehen werden. Indem sich die buddhistische Tradition an eine globalisiertere Welt anpasst und auf nicht-buddhistische Praktiken stößt, wie sie im Amazonas-Schamanismus zu finden sind, ergeben sich neue Möglichkeiten für ihre weitere Entwicklung. Ich frage mich, ob der ritualisierte Gebrauch von Psychedelika der Beginn einer weiteren tantrischen Bewegung innerhalb des Buddhismus sein könnte.
„Wichtiger als allein zu sein ist jedoch […]