Der Menstruationszyklus kann grob in vier Abschnitte unterteilt werden: die Menstruation, die Follikelphase, die Ovulation und die Lutealphase. Es ist normal, dass Frauen sich im Laufe ihres Zyklus unterschiedlich energiegeladen fühlen. Vermeiden wollen wir allerdings, dass der Alltag maßgeblich beeinflusst wird und beispielsweise starke Schmerzen kurz vor oder während der Menstruation auftreten. Um das Wohlbefinden über den gesamten Zyklus hinweg zu stärken und im Einklang mit den eigenen Hormonen zu leben, gibt es zahlreiche Empfehlungen von denen wir uns nun einige anschauen werden.
Die Menstruation aus ayurvedischer Sicht
Der erste Tag des Zyklus ist der erste Tag der Menstruation. Die Hormone Progesteron und Östrogen spielen in unserem Zyklus eine tragende Rolle. Diese haben kurz vor der Blutung begonnen abzunehmen. Das führt dazu, dass die Gebärmutterschleimhaut, welche sich im vergangenen Zyklus immer weiter aufgebaut hat, mit dem Menstruationsblut ausgestoßen wird. Vor der Periode und während der ersten Tage der Periode sind unsere Geschlechtshormone auf dem Minimum, Serotonin (unser Glückshormon) sinkt gemeinsam mit Östrogen ab. Du kannst dich in diesen Tagen demnach etwas launisch und weniger energiegeladen fühlen.
Aus ayurvedischer Sicht wird dieser Zyklusphase vor allem das Vata Dosha zugeschrieben. Insbesondere eine schmerzhafte Menstruation, starke Unruhe, Angstzustände, Blähungen und ein ausgeprägtes unangenehmes Kältegefühl sprechen für ein erhöhtes Vata während der Menstruation. An diesen Symptomen kannst du wiederum die Eigenschaften des Vata Doshas erkennen. Unruhe oder Luft im Bauch können zum Beispiel mit der Eigenschaft leicht und beweglich in Verbindung gebracht werden.
Wenn diese Dysbalancen auftreten, gilt es, zum einen Vata während dieser Phase auszugleichen, zum anderen sollte auch während des gesamten Zyklus darauf geachtet werden, Vata nicht zu aggravieren. Meist zeigt sich in der Phase der Menstruation, wie wir während der anderen Zeit des Zyklus mit uns umgegangen sind. Gerade das Vata Dosha ist in unserer heutigen schnelllebigen Zeit das Dosha, welches am ehesten aus der Balance gerät.
Ein beruhigender Lebensstil
Unser Zyklus kann sehr schön mit den Jahreszeiten verglichen werden. Das Vata Dosha wird mit dem Herbst und dem frühen Winter in Verbindung gebracht. Für die Natur ist nun die Zeit des Rückzuges. Auch während unseres Zyklus dürfen wir uns auf uns konzentrieren. Nimm dir zum Beispiel Zeit, deinen vergangenen Monat zu reflektieren: Was hast du genießen können? Was möchtest du im nächsten Monat anders gestalten? Hast du ausreichend Zeit für dich allein gehabt? Hast du zu viel oder zu wenig gearbeitet? Was hat dir Freude gemacht? Das sind nur einige Fragen, die du jeden Monat nutzen kannst, um dich persönlich weiterzuentwickeln und eine Reflexions-Routine zu integrieren. Die Vata Phase deines Zyklus eignet sich hierfür ideal.
Insbesondere in den ersten zwei Tagen deiner Menstruation ist es oft sinnvoll nur entspannte Bewegung in deinen Alltag zu integrieren. Verzichte auf High-Intensity-Training oder forderndes Krafttraining. Gönn dir eine Sportpause und beweg dich, indem du Spazieren gehst oder einer sanften Yogapraxis nachgehst. Diese entspannte Haltung gilt nicht nur für dein Sportprogramm. Idealerweise hast du in den ersten Tagen deiner Menstruation weniger Termine. In der Regel ist es keine Option, nicht zur Arbeit zu gehen und das sollte auch gar nicht das Ziel sein, aber weniger Abendtermine sind meist eine gute Option. Lies stattdessen endlich das Buch, welches du schon so lange auf dem Nachttisch hast oder gib dir eine entspannende Fußmassage mit etwas Sesamöl, hör den Podcast, zu dem du sonst nie gekommen bist. Es gibt viele schöne Möglichkeiten, Entspannungen einzuplanen.
Erdende Ernährung
Vata werden Eigenschaften wie leicht, rau oder trocken zugeschrieben. Es tut uns nach der ayurvedischen Lehre demnach gut, diese Eigenschaften über unsere Ernährung auszugleichen. Das ist tatsächlich gar nicht so schwierig. Schwere, zuträgliche Lebensmittel, die sehr gut nähren sind zum Beispiel Süßkartoffel, Rote Bete, Karotten oder Haferflocken. Die Trockenheit können wir zum Beispiel über leckere Suppen oder Eintöpfe ausgleichen. Auch das Kochen mit Ghi, welches förderlich für unsere Darmschleimhaut ist, kann sehr unterstützend sein. Getränke wie warmes Wasser oder Tee wie zum Beispiel Süßholztee sind eine wunderbare und ausgleichende Ergänzung.
Die Follikelphase
Durch die niedrige Konzentration von Östrogen in den ersten Tagen der Periode wird das Hormon FSH (follikelstimulierendes Hormon) vermehrt gebildet. Das follikelstimulierende Hormon führt dazu, dass einige Follikel (10-12) in den Eierstöcken zum Wachstum angeregt werden. In diesen Eibläschen befindet sich die Eizelle. Dies geschieht ab dem ersten Tag der Periode. Die heranreifenden Follikel produzieren Östrogen, welches ab dann weiter ansteigt und dazu führt, dass die Gebärmutterschleimhaut dicker wird.
Die Follikelphase steht ayurvedisch für die Kapha Phase. Kapha hat das Prinzip von Stabilität und Wachstum inne. Was wiederum dazu passt, dass unsere Gebärmutterschleimhaut „wächst“ und auch die Follikel sich entwickeln. Durch das ansteigende Östrogen und Serotonin fühlen wir uns in dieser Phase meist zufrieden und haben viel Energie. Kapha steht unter anderen für Zufriedenheit und Ausgeglichenheit.
Die aktive Phase
Die Energie, die uns unsere Hormone schenken, dürfen wir gerne ausnutzen. Nun ist die Zeit, um sich beim Sport richtig auszupowern und ins Schwitzen zu kommen. Gleichzeitig balancieren wir so das Kapha dieser Phase, da Kapha durch einen aktiven Lebensstil ausgeglichen wird. Auch aus physiologischer Sicht ist dies in dieser Phase sehr passend. Unsere Recovery-Zeiten sind kürzer, die Sauerstoffaufnahme ist verbessert und wir haben eine höhere Schmerztoleranz.
Gleichzeitig haben wir nun in der Regel viel Energie für Aktivitäten mit Freunden und für Projekte auf der Arbeit die Durchhaltungsvermögen verlangen. Achte in dieser Phase aber auf deinen individuellen Rhythmus und überfordere dich nicht unmittelbar nachdem deine Periode vorbei ist. Die Phasen sind nicht schnittklar getrennt, sondern gehen ineinander über.
Leichte Kost
Ernährungstechnisch ist nun die Zeit für etwas leichtere Kost. Wir wollen zwar auch in dieser Phase unseren Körper nähren und du darfst gerne alle Makronährstoffe integrieren, reduziere aber beispielsweise deinen Getreideanteil auf dem Teller und iss etwas mehr Gemüse. Das höhere Östrogen verbessert zudem unsere Peristaltik und unsere Verdauung ist somit besser als in der vorherigen Phase. Ein Beilagensalat zum Mittag oder auch Hülsenfrüchte können jetzt wieder gut integriert werden. Solltest du schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben ein zwei Mahlzeitensystem verfolgen und beispielsweise das 16-8-Fasten ausprobieren wollen, ist nun die ideale Zeit, um dem eine Chance zu geben.
Die Ovulation
Ab einem gewissen Östrogenspiegel erhält die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) die Aufforderung mehr luteinisierendes Hormon (LH) zu produzieren. Dieses führt dann zum Eisprung. Ein Follikel ist in der Follikelphase dominant geworden, dieser schießt die Eizelle regelrecht in den Eileiter.
Während der Eisprungphase wirken aus ayurvedischer Sicht sowohl Pitta als auch Kapha. Kapha steht hier für das Wachstum, die Fruchtbarkeit und Pitta für die umsetzende Kraft. Frauen wirken in dieser Zeit besonders attraktiv und charismatisch. Aus ayurvedischer Sicht ein Zusammenspiel der beiden Doshas. Aus biologischer Sicht ist dies der Zeitpunkt, zu der eine Empfängnis stattfinden sollte. Dafür gibt die Natur alles.
Ja sagen
Im Zeitraum der Menstruation ist es oft ratsam öfters „nein“ zu sagen. Nein zu Terminen, zu Verpflichtungen, die etwas nach hinten geschoben werden können oder zu Gefallen, die wir Freunden tun wollen. Rund um die Ovulation können wir genau das Gegenteil praktizieren: Ja sagen. Das Hoch an Hormonen lässt uns auch in dieser Phase energiegeladen und resilient sein.
Alles, was Spaß macht
Im Rahmen der Ernährung kann der Körper nun am besten mit schwererem Essen umgehen. Das Pitta unterstützt unsere Verdauung und es bietet sich daher an, zu diesem Zeitpunkt die geliebte Pizza oder auch einen Rohkostsalat zu genießen, wenn du Lust darauf hast. Aus ayurvedischer Sicht ist hier allerdings zu betonen, dass du immer auf deine individuelle Verträglichkeit schaust und darauf achtest, was dir guttut. Im Allgemeinen verhilft das Pitta in dieser Zeit zu einer starken Verdauung, welche gut mit schwereren Mahlzeiten umgehen kann.
Lutealphase
Nach dem Eisprung sinkt der Östrogenspiegel. Der Follikel, in dem das Ei war, ist nun zum Gelbkörper geworden und produziert das Hormon Progesteron und in geringerem Maße Östrogen. Progesteron dominiert diese Phase. Progesteron ist unser »Chill-Hormon«. Es möchte, dass wir uns in dieser Phase etwas zurücknehmen und uns mehr Ruhe gönnen, um das eventuell befruchtete Ei zu schützen. Wenn keine Schwangerschaft eingetreten ist, stirbt der Gelbkörper circa 12 bis 16 Tagen nach der Ovulation ab. Dadurch sinkt der Östrogen- und Progesteronspiegel und die Blutung wird ausgelöst. Durch den Abfall dieser beiden Hormone wird FSH nicht mehr unterdrückt und wieder von der Hypophyse produziert. Ein neuer Zyklus beginnt.
Je weiter wir im Zyklus voranschreiten, desto mehr vermischen sich Vata und Pitta in der Lutealphase. Diese Phase ist äußerst individuell. Manche Frauen spüren das Vata erst am Tag der Periode und manche schon eine Woche, bevor die Menstruation beginnt. Darauf abgestimmt darfst du dich verhalten.
Achtsamkeit
Achtsamkeit ist gerade in dieser Phase wichtig. Höre darauf, was dein Körper braucht. Vielleicht beginnt schon kurz nach der Ovulation die Vata Phase und es würde dir guttun dich schon zu diesem Zeitpunkt etwas zurück zu nehmen und etwas mehr Entspannung in deinen Alltag zu integrieren. Vielleicht merkst du das Vata aber auch erst ein oder zwei Tage vor deiner Menstruation langsam steigen. Sei achtsam mit dir und deinen Bedürfnissen.
Verdauungsfreundliche Ernährung
Der Ayurveda legt generell einen sehr großen Wert auf eine verdauungsfreundliche Ernährung und bemisst dem einen großen Stellenwert im Rahmen unserer gesamten Gesundheit bei. Gerade wenn wir uns der Menstruation und somit der Vata Phase unseres Zyklus nähern, können wir genauer darauf achten, was wir zu dem Zeitpunkt gut vertragen. Insbesondere bei einer schmerzhaften Regel, kann es sich lohnen, die Ernährung schon vorher etwas umzustellen. Die Verdauung und die Menstruation sind im Ayurveda eng miteinander verknüpft.
Greife in dieser Phase zum Beispiel vermehrt zu roten Linsen oder Mung Dal, welche von den Hülsenfrüchten am leichtesten zu verdauen sind. Verzichte in dieser Zeit soweit möglich auf Rohkost und Salate und koche abends vermehrt Suppen und Eintöpfe.
Ich hoffe, dieser kleine Einblick in die ayurvedische Lehre hat dir gefallen und dich inspiriert noch mehr im Einklang mit deinem Zyklus zu leben. Sobald du einmal begonnen hast, dich intensiver mit Ayurveda zu beschäftigen, wird dich die Faszination dieser wunderschönen Lehre kaum noch loslassen.
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