Ursprung, Bedeutung und Wandel der wichtigsten yogischen Körperhaltung: Asanas waren ursprünglich Sitzhaltungen für die Meditation.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Gesellschaften mit ihren Tendenzen die ursprüngliche Bedeutung von Begriffen verändern oder sogar fehlinterpretieren. Auch wenn vor gut 2000 Jahren unter Yoga die Beruhigung der Gedanken verstanden wurde, so assoziiert man in unserer bewegten und schnelllebigen Zeit damit oft Gymnastik oder körperliche Workouts, manchmal wunderbar verpackt in esoterische Begriffe und wohlklingenden Sanskrit-Namen. Es ist auch nicht überraschend, wenn man heutzutage unter Asana in erster Linie eine komplexe oder komplizierte Körperhaltung versteht, die man meist nur wenige Momente halten kann oder will.
In einer Konsumgesellschaft, in der Stillstand oft mit Unfähigkeit oder Rückschritt, Langeweile oder Angst assoziiert wird, vergessen wir manchmal, dass der Sanskrit-Begriff Asana ursprünglich einfach nur die Bedeutung von „Sitz“ hatte. Meditationsmeister und spirituelle Lehrer haben schon immer betont, dass äußere und innere Haltung sich gegenseitig bedingen. Der Mensch ist eben nicht zufällig das einzige Wesen, das von Natur aus aufrecht stehen, gehen und sitzen kann (es sei denn, er hat es sich durch eine körperfeindliche, gestresste oder energielose Lebensweise abgewöhnt – und das passiert heutzutage immer häufiger, auch schon in jungen Jahren).
Dagegen rate ich vom gerne fotografierten und geposteten Padmasana ab, da auch bei offenen Hüften beide Kniegelenke aus ihrer natürlichen Scharnierbewegung extrem herausgedreht werden, und die Fußgelenke zusätzlich einer extremen Dehnung ausgesetzt sind.
Körperübungen als Vorbedingung für die Meditation?
Vor 2500 Jahren hat der Buddha im Sattipattana-Sutta, einer der wichtigsten Lehrreden des Buddhismus, die Bedeutung der Meditationshaltung so beschrieben: „Da ist der Mönch in den Wald gegangen, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere Behausung. Er setzt sich nieder, mit verschränkten Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit vor sich gegenwärtig haltend …“ (Digha-Nikaya 22). Einige Jahrhunderte später wird im buddhistisch geprägten Yoga-Sutra Ähnliches angemerkt: „sthira-sukham-asanam“ (2,29). Der Meditationssitz sollte einerseits stabil und aufrecht sein, um Achtsamkeit zu kultivieren. Andererseits sollte aber die Qualität von sukha nicht verlorengehen – was entspannte Öffnung oder Raum bedeutet, denn diese Qualität unterstützt Offenheit und Gelassenheit. Die Verbindung genau dieser Eigenschaften wird als Sattvaguna (innere Balance oder meditativer Zustand) bezeichnet.
Immer wieder höre ich im Yoga, dass man erst nach Körperübungen Meditation praktizieren kann oder […]