Die Vayus: über die fünf verschiedenen „Winde“ und ihre Bedeutung.
Die Taittiriya-Upanishad ist eine der wichtigsten Quellen des Hatha-Yoga. Sie zeigt den Menschen als ein Wesen, das aus verschiedenen Dimensionen oder Koshas aufgebaut ist. Dem Energiekörper (dem zweiten dieser fünf Aspekte unseres Seins) widmen wir hier besondere Aufmerksamkeit, weil er so bedeutend für den Hatha-Yoga ist.
Während es in der letzten Folge um die Nadis oder Ströme unseres Energiekörpers ging, so sind jetzt die Vayus oder „Winde“ unser Thema. So unbekannt der modernen Welt die Nadis sind, so wenig hat sie auch ein Konzept der Vayus, die wir uns als Bio-Energie-Felder vorstellen können, die in unterschiedlichen Bereichen unseres Körpers wirken und spezifische Aufgaben erfüllen. Die Yoga-Philosophie (besser: die Energiekörper-Anatomie) kennt zehn solcher Felder. Fünf davon sind besonders wichtig. Man nennt sie Pancha-Prana, die „fünf Pranas“ also. Die Vayus sind nichts anderes als Prana in unterschiedlicher Gestalt. Die Praxis des Atemanhalts im Pranayama zielt besonders auf sie ab, wie wir gleich noch sehen werden.
Prana und sein Gegenprinzip Apana
Der erste Vayu heißt Prana-Vayu, ein im Brustraum wirksames Energiefeld, das uns ermöglicht, Dinge aufzunehmen, seien sie materiell oder nicht – zum Beispiel den Atem. Es strebt natürlicherweise aufwärts. Das Gegenprinzip heißt Apana, ist lokalisiert in der Beckenregion und zuständig für das Ausscheiden von Prana, also auch für die Ausatmung. Apana bewegt sich normalerweise abwärts. Es mag auf den ersten Blick irritieren, dass Apana im Becken lokalisiert ist – was hat unser Becken mit der Ausatmung zu tun? Doch betrachten wir den Atemprozess energetisch, wird es klarer: Wenn wir tief ein- und ausatmen, bemerken wir, dass die Einatmung uns physisch „anhebt“, wachsen lässt. Die Ausatmung hingegen führt uns wieder zurück „nach unten“. Wir werden auf diese beiden Vayus gleich noch mal zurückkommen, spielen sie doch die zentrale Rolle beim Pranayama.
Samana-, Udana- und Vyana-Vayu
Zwischen Aufnahme und Ausscheidung, bewirkt von Prana und Apana, liegt ein dritter Prozess: die Assimilation. Sie findet energetisch im Bereich des Bauches statt, wo Samana-Vayu wirkt, der für die Idee der Verdauung steht – physisch, energetisch, mental.
Ein viertes Energiefeld, Udana-Vayu, ist primär wirksam im Bereich des Kopfes, wo unsere Sinnesorgane liegen, für deren richtige Funktion es verantwortlich ist. Vyana schließlich, das fünfte Energiefeld, durchflutet den ganzen […]