Yoga nach Krishnamacharya, Folge 4: Seitbeugen wirken sich positiv auf die Wirbelsäule aus und fördern die Durchblutung der Bauchorgane. Stephanie Schönberger zeigt eine Praxis zu Parshva-Konasana.
Rückbeugen öffnen Herzen, Hüftöffner setzen Gefühle frei, Umkehrhaltungen lassen uns die Welt mit anderen Augen sehen, Drehhaltungen befreien uns von Giften und unterstützen unsere Transformationsprozesse, Vorbeugen helfen uns loszulassen, was aus unserem Leben gehen soll. Zumindest liest man das immer wieder. Was aber machen die Seitbeugen? Im westlichen, oft psychologisch motivierten Asana-Denken sind sie ein bisschen außen vor. In der Tradition von Sri T. Krishnamacharya, der die Rolle von Asanas im Yoga wesentlich pragmatischer und gesundheitsorientierter betrachtete, spielen sie dafür eine wichtige Rolle. Denn in diesem Asana-Verständnis stehen die Wirbelsäule und ihre fünf Bewegungsrichtungen, also nach vorne, nach hinten, gestreckt, gedreht und zur Seite bewegt, im Mittelpunkt der Betrachtungen. Die Wirbelsäule war Krishnamacharya deshalb wichtig, weil ihre Gesundheit erheblich zu unserem Wohlbefinden beiträgt. Denn Krankheit ist laut Patanjalis Yoga-Sutra 1.29, auf das sich Krishnamacharya immer auch bezog, ein großes Hindernis auf dem Weg zu Samadhi, zu Chitta-Vrtti-Nirodha, dem Zustand von Yoga, der dann erreicht ist, wenn die Bewegungen unseres Denkens und Fühlens zur Ruhe kommen. Solange wir aber mit Krankheiten oder „Rücken“ kämpfen, ist unser Prana, unsere universelle Lebensenergie, blockiert und auch zerstreut, da unsere Gedanken ausschließlich um die Krankheitsbeschwerden kreisen. Solange Prana jedoch zerstreut oder blockiert ist, kann er nicht durch die Sushumna, den feinstofflichen Zentralkanal, der vor der Wirbelsäule verläuft, als Kundalini-Energie nach oben zum Kronenchakra aufsteigen – was aber das Ziel des Hatha-Yoga ist. Asanas dienen – man vergisst das oft – einem spirituellen höheren Ziel. Denn sie fördern, so schrieb Krishnamacharya in seinem Buch Yoga Makaranda, die Durchblutung, was dazu führe, dass alle Teile des Körper effektiv funktionieren könnten. Auch die Koordinationsfähigkeit werde verbessert. Die gute Durchblutung wirke sich auch positiv auf unsere Energiezentren aus, was einen gesunden Körper und allgemeines Wohlbefinden zur Folge hätte. Notwendige Vorraussetzungen, so Krishnamacharya, um auf Patanjalis achtgliedrigem Pfad weiterzukommen.
Seitbeugen sind Haltungen, die in dieser Tradition als Parshva-Asanas bezeichnet werden (Parshva ist das Sanskrit-Wort für Seite, Flanke). Sie sind asymmetrische Haltungen und auf der körperlichen und energetischen Ebene eine Art Zwitterwesen, denn sie sind gleichzeitig körperöffnend und -schließend und haben darum einerseits eine Brmhana-Wirkung, […]