In der Debatte um die Covid-19-Pandemie kommt ein Aspekt fast nie vor: Die Bedeutung der Viren in den Ökosystemen, und welche Rolle wir Menschen darin spielen. Dabei ist es so wichtig, diese Zusammenhänge zu verstehen. Denn diese Pandemie ist keine zufällige Naturkatastrophe, sondern wie der Klimawandel ein Desaster mit Ansage. Einladung zum Perspektivenwechsel: Pandemien aus Sicht der Biologie.
Was sind Viren eigentlich? Biologen sind unterschiedlicher Ansicht, ob man sie überhaupt zu den Lebewesen zählen soll. Denn ihnen fehlen einige Eigenschaften, die Lebewesen definieren: Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel, und sie können sich nicht selbstständig fortpflanzen. Wie unterscheiden sie sich also von anderen Lebewesen, und wie von anderen Krankheitserregern, wie z.B. Bakterien?
Alle lebenden Zellen bestehen aus einer gelartigen Grundsubstanz (dem Cytoplasma), in das neben den DNA-Molekülen, die das Erbmaterial beherbergen, verschiedene kleinste Strukturen eingebettet sind. An diesen Gebilden laufen die Vorgänge des Zellstoffwechsels ab, wie Informationsübertragung, Energiegewinnung, Entsorgung von Abfallstoffen, Auf- und Abbau von Substanzen. Interessanterweise heißen diese Strukturen „Organellen“, was so viel bedeutet wie „kleine Organe“ – ein sprachlicher Hinweis darauf, dass die Zelle noch lange nicht die kleinste Einheit des Lebendigen ist. Moleküle, Ionen, Energieträger und andere Substanzen bewegen sich im Cytoplasma zu den Organellen und ihren jeweiligen Bestimmungsorten. Umhüllt wird das Ganze von der Zellmembran. Sie ist mehrschichtig und komplex gebaut und kann sehr selektiv auswählen, welche Stoffe sie durchdringen können, sprich: was sie in die Zelle hineinlässt und was hinaustransportiert wird.
Diese stark vereinfachte Beschreibung zeigt: Lebende Zellen sind äußerst komplexe Gebilde, in denen sich beständig die Informationen und Abläufe abspielen, die Leben möglich machen, erhalten und weitergeben. In jeder Zelle – egal ob bei Ein- oder Mehrzellern – laufen ständig Stoffwechselvorgänge ab, werden unablässig Substanzen transportiert, zusammengesetzt oder zerlegt.
Viren hingegen sind sehr viel einfacher gebaut. Sie bestehen im Grunde nur aus ihrem Erbmaterial (ebenfalls DNA, oder aber die einfacher gebaute RNA), das in einer Proteinhülle steckt. Fertig ist das Virus – kein Cytoplasma, keine Organellen, keine Membran. Dieser einfache Bau ist der Grund dafür, warum Viren sich nicht ohne Hilfe eines anderen Lebewesens vermehren können.
Deshalb suchen sie lebende Zellen auf und verwenden deren Material für ihre eigene Fortpflanzung. Kurz gesagt, geht das so: Sie dringen in ihre Wirtszelle ein und übernehmen darin das Kommando. Sie bringen […]