Das Leben hält für jeden von uns seine eigenen Lektionen bereit, um uns auf den richtigen Weg zu bringen. Einen besonderen Weg musste Maksim Klasanovic gehen. Er landete für acht Jahre und zwei Monate in einem thailändischen Gefängnis, weil er eine Telefonnummer weitergab. Das ursprüngliche Urteil lautete sogar auf dreizehn Jahre Haft. In diesem Interview lässt er uns an seinen Erfahrungen teilhaben und erzählt unter anderem, wie er zu Yoga und Meditation gekommen ist.
Interview
YOGA AKTUELL: Du warst acht Jahre in Thailand im Gefängnis. Wie kam es dazu?
Maksim Klasanovic: 2011 wurde ein guter Freund von mir in eine Falle gelockt. Er sollte für jemanden eine kleine Menge Drogen besorgen, um einen Gefallen wieder gut zu machen. Ich war derjenige, der ihm die Telefonnummer des Dealers gab.
War es dir nicht möglich, mithilfe eines Anwalts eher rauszukommen?
Der Anwalt, den ich hatte, war korrupt und hat es mehr auf mein Geld abgesehen als darauf, mich da rauszuholen. Das Geld für den Kautionsantrag (52000 Euro) hat er nie zurückgezahlt.
Das ist eine sehr krasse Geschichte. Gab es einen Moment, in dem Du gedacht hast, dass es kein Zufall ist, dass Dir so etwas passiert?
Ich hatte Jahre Zeit zu überlegen, wieso ich hier gelandet bin. Hatte ich mir schlechtes Karma aufgebaut oder wollte mich das Leben vor mehr Schwierigkeiten beschützen oder vielleicht sollte ich hier was lernen?
Was war für dich das Schrecklichste im Gefängnis?
Meine Tochter und Freundin wurden mir auf einmal weggenommen. Die Menschen, die im Gefängnis starben, waren auch unter anderem das Schrecklichste, vor allem wenn wir befreundet waren. Essen und Schlafplatz war oft ein riesiges Problem.
Gab es auch etwas „Schönes“?
Nachdem mir alles genommen wurde, unter anderem mein Ego, habe ich angefangen, ein neues ich zu entdecken. Die Reise zu mir selbst war das Schönste, dass ich im Gefängnis erfahren durfte.
Wie bist du zur Meditation und zum Yoga gekommen?
Als meine Gedankenwelt mit mir machte, was sie wollte, gab es nur noch zwei Möglichkeiten, entweder durchdrehen oder etwas finden, dass mich da rausholt. Ein Nepalese hat mir die Welt der Meditation gezeigt. Danach ging es nur noch Berg auf. Yoga kam Jahre später. Danach habe ich angefangen, Übungen zu entwickeln, die auf ein meditatives Leben ausgerichtet sind.
Gab es für dich so etwas wie eine tiefe, einschneidende Erfahrung in der Meditation oder im Yoga?
An einem bestimmten Morgen, nach ca. 40 min meditieren, verließ ich meine Zelle und erlebte etwas Seltsames. Das Wohlgefühl, dass ich mittlerweile in der Meditation spürte, hörte nicht mehr auf. Mit jedem Schritt schien es sich zu intensivieren. Es war wie eine Explosion von Glücksgefühlen, die ich zuerst nicht kontrollieren konnte, aber danach wünschte, es höre nie auf. Beim Waschen sah ich wie Millionen von Tropfen in Zeitlupe auf mich fielen. Es kam mir vor wie in der Matrix. Das Gefühl dauerte so lange an, bis die anderen aus der Zelle herauskamen. Etwa eine halbe Stunde. Diesen Tag werde ich nie vergessen.
Der Meditationslehrer Cuong Lu, der mit Gefängnisinsassen praktiziert hat, meinte, dass es ihnen oft viel eher gelingt, ihre eigene Buddha Natur, ihren unverletzlichen Wesenskern zu erfahren. Kannst du diese Aussage bestätigen?
Ein Gefängnis ist ein hoch spiritueller Ort. Man kann sich all die Zeit nehmen, die man will, um immer wieder den Weg nach innen zu suchen. Wenn du auf den Geschmack gekommen bist und weißt, wie du nach innen kommst, dann machst du es auch ständig. Es gibt dann im Gefängnis keinen schöneren Ort als im Paradies, das in uns steckt.
Hast Du im Gefängnis auch andere Menschen dazu inspirieren können, mit der Praxis zu beginnen?
Im letzten Jahr habe ich eine Yogaklasse unterrichtet. Mit einigen meiner Freunde konnte ich Übungen, die ich machte, austesten. Ich wollte wissen, ob es bei ihnen auch zu Veränderungen führt.
Seit wann bist du wieder „auf freiem Fuß“?
Seit Juni 2019
Wie war es für dich, nach acht Jahren wieder in Freiheit leben zu können?
Wie im zweiten Paradies angekommen zu sein. Endlich wieder Verwandte und Freunde sehen zu dürfen. Zu schlafen, zu essen und mich zu waschen, wie ein normaler Mensch in Europa es gewohnt ist, war schon etwas Besonderes. Die Dankbarkeit ist heute immer noch sehr zu spüren.
Wie sieht deine Meditations- und Yogapraxis jetzt aus?
Ich habe seit dem Gefängnis meine Praxis noch gesteigert. Mehr aus meinen Übungen gemacht und ein meditatives Mentalcoaching erstellt.
Du gibst auch Yoga- und Meditationskurse. Welche Menschen kommen zu dir?
Es sind alle Arten von Menschen. Vor allem die, die schon etwas spirituelle Erfahrungen gemacht haben. Mein Konzept, ob beim Yoga oder beim Mentalcoaching ist so ausgerichtet, dass auch jemand, der mit der spirituellen Welt nichts anfangen kann, gleich etwas spürt. Das Gefühl von Leichtigkeit, Friede und Freude fällt mir mittlerweile leicht zu lehren. Den Weg nach innen lernte ich in einer schwierigen Umgebung und deshalb glaube ich, klappt es hier im zweiten Paradies umso schneller.
Wenn du drei Wünsche hättest, …
Den Weg zu mir immer weiter zu gehen, ist mein einziger Wunsch. Er ermöglicht alles andere im Leben. Mehr brauche ich nicht.
Vielen Dank für das Interview!
Weitere Informationen zu Maksim findest du unter www.thaimiki.com
Zum Weiterlesen:
Der König darf nicht sterben. Mein Weg aus Thailands härtestem Knast. Bod 2020, ISBN: 9783 751 943 772
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