Ein Nachruf auf den Dom Raja aus Varanasi: Über die alte Tradition eines Berufs, der trotz seiner hohen Bedeutsamkeit mit gesellschaftlicher Ablehnung einhergeht – Auszüge aus einem Interview mit dem inzwischen verstorbenen Leichenverbrenner Jagdish Chaudhary.
Er war bekannt als Dom Raja, Varanasis „König der Leichenverbrenner“. Alle kannten ihn, viele respektierten ihn, manche fürchteten ihn, und einige hassten ihn sogar. Nahezu jeden Tag seines Lebens verbrachte er auf dem Manikarnika Ghat, Varanasis großem Totenverbrennungsplatz, und wachte dort über unzählige Feuerbestattungen.
Mit großer Hingabe an Lord Shiva, den Patron Varanasis, verrichtete er diese wichtige Arbeit, die schon seit Generationen innerhalb seiner Familie weitergereicht wurde.
Jetzt wurde der Hüter des heiligen Feuers selbst den lodernden Flammen übergeben. Jagdish Chau-dhary, a.k.a. Dom Raja, verließ am 25. August 2020 im Alter von 55 Jahren seinen Körper. Er starb an den Folgen einer Krankheit.
Vor knapp zwei Jahren durfte ich ihn noch in seinem Haus an den Ghats von Varanasi besuchen. Jeder kennt das imposante, altertümliche Haus mit den zwei riesigen Tigerfiguren auf dem Balkon. Dort lebte der Dom Raja mit etwa vierzig Familienmitgliedern, einem Ochsen und einer Kuh. Dieser wild schnaubende Ochse stand oft angebunden im Hof und hatte die Funktion eines Wachhunds – ohne ausdrückliche Erlaubnis des Dom Raja kam man nicht an ihm vorbei. Oft empfing der Dom Raja zusammen mit Sohn Om Hari Gäste in seinem Schlafzimmer, wo er, umringt von männlichen Familienmitgliedern, auf dem Bett saß. Es wurde viel geredet, getrunken und gelacht. Die Frauen der Familie befanden sich meist in einem anderen Teil des Gebäudes, wo sie gemeinsam indische Fernsehserien schauten.
Der Dom Raja gehörte, wie der Name schon vermuten lässt, der Dom-Kaste an, einer der niedrigsten, „unberührbaren“ Kasten Indiens. Traditionell besteht diese Kaste aus Bauern, Webern oder Korbflechtern, aber viele Doms arbeiten auch als Leichenverbrenner. Varanasis Doms sind die Hüter des heiligen Feuers, mit dem die Scheiterhaufen entzündet werden, und kümmern sich um fast alle Aspekte der Kremationen. Laut indischer Mythologie soll Lord Shiva gesagt haben, dass ein Verstorbener Moksha (Befreiung) nur erlangen kann, wenn ein Dom dessen Scheiterhaufen entfacht.
Doms haben in Indien eine paradoxe Stellung. Obwohl diese Menschen, ähnlich den hiesigen Bestattern, der hinduistischen Gesellschaft einen wichtigen Dienst erweisen, werden sie gleichzeitig von ihr geächtet. Doms […]