Tierwohl in der Massentierhaltung? Das geplante staatliche Siegel suggeriert, dass diese Frage mit Ja beantwortet werden kann. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Massentierhaltung als lebensverachtendes, Tiere auf eine Ware reduzierendes, sie um jeden (ethischen) Preis den Kriterien der Gewinnmaximierung unterwerfendes Handeln des Menschen, das jegliches Mitgefühl schmerzlich vermissen lässt, war bereits Thema dieser Kolumne. Während damals die grausamen Umstände, unter denen Tiere in Massenbetrieben ihr Leben fristen und in den Tod gehen, nur skizziert werden konnten, sollen diesmal Missstände speziell in der Fleischindustrie etwas genauer beleuchtet werden. Einige aktuelle Fälle schwerster Tierquälerei in deutschen Schweinemastbetrieben wurden bereits in der letzten Ausgabe (YOGA AKTUELL Heft 126) im Rahmen einer Sondermeldung geschildert. Besonders zynisch erscheint an diesen erschütternden Fällen von Misshandlung, die kürzlich durch Undercover-Recherchen aufgedeckt wurden, dass sie teilweise in Betrieben stattfanden, die das QS-Siegel nutzen oder sich als Empfänger der vom Land Niedersachsen ausgelobten Ringelschwanzprämie zu den besonders tierfreundlichen Mastbetreiben zählen. Letzteres zeigt erneut in aller Deutlichkeit, wie wenig der Staat hinschaut, wenn es um Tierschutz in der Massentierhaltung geht. Daran wird wohl auch das neue Tierwohlkennzeichen nichts ändern, das seit über einem Jahr beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in der Schublade liegt und eigentlich bereits seit Mitte 2020 auf den ersten Produkten prangen sollte.
Vielmehr sind sich Tierrechtler einig, dass es sich bei diesem Siegel um Augenwischerei handelt – ein Mogelpaket mit fatalen Folgen, denn die Verbraucher werden dadurch glauben gemacht, dass sie die so etikettierten Erzeugnisse mit einigermaßen ruhigem Gewissen konsumieren können. Verbraucher, die vielleicht bereit wären, auf den Konsum zu verzichten, wenn sie wüssten, welches Leid dahintersteht, werden hier schlichtweg getäuscht.
Auch das BIO-Siegel ist bei genauerem Hinsehen nicht der Freifahrtschein für Konsum mit gutem Gewissen, als der es von vielen betrachtet wird, denn ein Garant für leidfreie Tierhaltung ist es nicht. Auf die hierbei fairerweise zu berücksichtigenden Unterschiede zwischen dem EU-Siegel und den Richtlinien der verschiedenen Bio-Verbände sind wir in Folge 3 dieser Kolumne bereits zu sprechen gekommen – ebenso aber darauf, dass auch für „Bio-Tiere“ der Weg im Schlachthof endet. Das Deutsche Tierschutzbüro erstattete vor einigen Wochen Strafanzeige gegen den Färber-Schlachthof in Neuruppin bei Berlin. Videos hatten dokumentiert, wie Tiere bei Färber getreten, geworfen und mit Harken geschlagen wurden. Vom […]