Die Bandhas im Kumbhaka von Bhramari, dem „Bienensummen“: Drei Variationen zum Ausprobieren.
Im letzten Beitrag haben wir über die Bandhas gesprochen, die Muskelaktionen während der Atempausen (Kumbhakas) im Pranayama, die Druck und Hitze in unserem Körper oder Atemgefäß erzeugen wollen: Kumbhaka kommt von Kumbha, das heißt Krug. Ich finde es spannend, dass auch Jesus den Menschen als einen Krug bezeichnet hat. Atempraktiken spielten in der spirituellen Praxis des Nahen Ostens immer eine große Rolle. Jesus sprach Aramäisch, und in seiner Sprache klingt das Wort für Atem wie der Akt des Atmens selbst: Ruha. Das Atemhauchen klingt auch im aramäischen Wort für Leben an: Hayye. Sogar Lachma, das aramäische Wort für Brot – ein Symbol für unseren Körper und das Leben in ihm – haucht, wenn Jesus sagt: „Inana Lachma d’Hayye – Ich bin das Brot des Lebens.“
Feuer kann Erz aus dem Gestein schmelzen, und Druck macht Kohle zu Diamanten. Da scheint es nicht abwegig, wenn die alten Yogis hofften, mit Hilfe dieser Kräfte auch aus dem Menschen das Beste herauszuholen. Und: In der Atemfülle, unter Druck und Hitze, mag vielleicht auch einmal jene Stille eintreten, die den Menschen auf den Grund seines Wesens schauen lässt: Ein Versinken im erweiterten Bewusstseinszustand von Samadhi, das – immer wieder erlebt – den Geist oder Chitta klar werden lässt wie einen Kristall, wie wir im 1. Kapitel des Yogasutra lesen können. „Rein wie das feinste Gold, fest wie ein Felsenstein“, schrieb der christliche Mystiker Angelus Silesius im 17. Jahrhundert, „ganz lauter wie Kristall soll dein Gemüte sein.“ Wie nah doch die Bilder und Ideen in Ost und West sind, so verschieden manche Methoden auch sein mögen.
Druck, Hitze und stiller Geist sind freilich noch nicht alles, was die Yogis im Kumbhaka suchten: Die Bandhas sollen Energie von unten nach oben lenken, von der Erde (den unteren Chakras) hinauf in den Himmel (zum Kronenchakra und darüber hinaus). Immer wieder Mula-Bandha und Uddiyana-Bandha. Immer wieder Hitze, Druck und Stille. Immer wieder das „Nach-oben-Ziehen“ von Lebensenergie – bis der Mensch eines Tages über den Krug, in dem er lebt (der Yogi Kabir nannte ihn das „Gefäß aus Erde“) hinausgeht, aus seinem Körper also austritt und seine unsterbliche, nicht-physische Natur erlebt. Und sogar das ist […]