Worin liegen die Wurzeln und die Charakteristika der Yogatherapie? Inwiefern unterscheidet sie sich von der modernen Schulmedizin, und worin besteht ihr besonderes Potenzial? Ein Blick auf die Grundlagen einer alten Disziplin von großem Wert.
Momentan gibt es weltweit ein geradezu überwältigendes Interesse an der Yogatherapie. Jedoch wissen die wenigsten Menschen in der modernen Welt über diese alte Disziplin ausreichend Bescheid. Es gibt jede Menge Yogatherapieprogramme, die von Wochenendkursen bis hin zu seriöseren, dreijährigen Angeboten reichen, welche sowohl Theorie als auch Praktika und Supervision beinhalten. Heutzutage nehmen viele Yogastudios auch Yogatherapie in ihr Angebot auf und versprechen Sofortkuren für eine Vielzahl von Krankheiten. Während einige dies mit Freude betrachten, gibt es auch genügend kritische Stimmen von Skeptikern, Ärzten und seriösen Vertretern des traditionellen Yoga. Wenn keine hinreichende Transparenz und kein verantwortungsbewusster Umgang mit diesem Thema bestehen, kann dem Patienten mehr Schaden als Gutes zugefügt werden.
Yogatherapie und ihre Wurzeln
Man schätzt heutzutage, dass Yoga in Indien vor etwa 5000 Jahren entstanden ist und erstmals von dem großen Patanjali um 500 vor Christus in seinem Meisterwerk, dem Yoga-Sutra, kodifiziert wurde.
Die Menschen waren damals sehr aktiv. Distanzen mussten zu Fuß bewältigt werden. Alle Aktivitäten im Haushalt waren körperlich sehr anstrengend. Auch die meisten Berufe waren physisch belastend. Daher scheint es nur logisch, dass Yoga ursprünglich nicht entwickelt wurde, um mehr physische Aktivität zu erzeugen. Yoga war darauf ausgerichtet, drei Hauptfunktionen zu erfüllen: Laukika, Vaidika und Chikitsa. Laukika heißt so viel wie „weltlich“, und Yoga diente dazu, die Qualität unseres täglichen Lebens zu verbessern. Yoga bot eine Möglichkeit, besser mit sich selbst in Kontakt zu stehen, fit zu sein, um zur Arbeit gehen und den Haushalt führen zu können, und – am wichtigsten – um die generelle Lebensqualität zu verbessern.
Vaidika bedeutet „göttlich“ oder „spirituell“, und diese Funktion ist darauf ausgerichtet, unser volles spirituelles Potenzial zu entwickeln und es in angemessener Form auszudrücken.
Eine der wichtigsten Komponenten für eine gute Lebensqualität und für den Ausdruck unseres Potenzials, einschließlich unserer spirituellen Evolution, ist gute Gesundheit. Und das ist die dritte Funktion von Yoga, die Domäne von Yoga als heilender und therapeutischer Ansatz, genannt Chikitsa, oder spezifischer: Yoga-Chikitsa. Ein direkter Bezug zur yogischen Praxis für therapeutische Zwecke kann in vielen klassischen Texten wie der Hatha-Yoga-Pradipika, dem […]