Eine Pilgertour zu den Ursprüngen des Yoga wirkt lange nach. Aleah Ghandarvika, bekannt als Sängerin der „Love Keys“, schildert seelenerquickende Eindrücke einer Bhakti-Reise.
„No sex in public places“, lautet die energische Aufforderung, uns bitte weiter voneinander entfernt und nicht küssend auf die Tempelstufen zu setzen. Während indische Männer das Thema sehr ernst zu nehmen scheinen, kichern indische Frauen verlegen und werfen uns verstohlene Blicke zu. In der Raganuga Sampradaya, einer Traditionslinie des Vaishnavismus, in der auf natürliche Art und Weise Regeln gefunden werden, hingebungsvoll gegenüber Krishna zu sein, wird immer betont, wie wichtig es sei, Krishna im Gegenüber zu lieben, zu verehren und zu dienen. Tun wir das nicht, wenn wir küssend auf den Tempelstufen sitzen? Wie wird Bhakti-Yoga – der Yoga der liebevollen Hingabe zu Gott – in Indien gelebt? Jeder Pilgerreise liegt eine Frage zugrunde.
So beginnt unsere: mit fünfzehn Yoginis und Yogis aus Deutschland um 1.30 Uhr auf dem Flughafen in Delhi, begleitet von Devendra Binwal, einem Reiseführer aus dem Himalaya, den ich in meinem Kopf liebevoll „Rotkäppchen“ nenne, da er sich aus Sorge, die Affen könnten ihm seine Brille klauen, jeden Tag ein rotes Tuch um den Kopf bindet – nicht elegant als Turban, sondern ganz altmodisch, wie ein Hausmütterchen, oder Rotkäppchen eben.
Was wir suchen, ist unterschiedlich. Während der Eine mehr zu sich finden möchte, sucht die Andere echte Begegnungen mit Einheimischen. Nicht nur ein Vollbad in der Ganga, sondern einen Tiefseetauchgang in das bunte Kaleidoskop Indien. Andere möchten einfach nur chanten, sich überraschen lassen. Und damit kann Indien mehr als dienen.
Nur wenn wir uns aus dem Zentrum der Pilgerreise herausnehmen und das Göttliche wieder in der Mitte unserer Reise verehren, können wir Zugang zum wahren Indien finden. Wie? Indem wir chanten, alles dieser größeren Liebe darbringen, uns anvertrauen.
Jeden Morgen wachen wir zu den heiligen Gesängen, Glocken oder dem schrofferen, aber nicht weniger hingebungsvollen „Rambole!“ eines Bhaktas, deren morgendlicher Weg direkt an unserem Ashram vorbeiführt, auf. Gefolgt wird sein inbrünstiger Ruf von einem ebenso inbrünstigen „Radhe, Radhe!“. Noch vor Sonnenaufgang dreht sich alles um Gott. Die ersten Gläubigen nehmen ein heiliges Bad in der Ganga, andere sitzen tief versunken in Meditation auf den Hausdächern, während die Sonne in einem warmen Safrangelb […]