Warum sollten alle Yogalehrenden einen Zugang zu diesem Thema finden, und wodurch zeichnet sich traumasensibles Unterrichten aus?
Jeder vierte bis fünfte Mensch erlebt in seinem Leben mindestens ein Trauma. Die Wahrscheinlichkeit, daraus eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln, variiert zwischen 15 und 50 %. Aus diesen Zahlen lässt sich recht einfach schlussfolgern, dass sich wohl in den meisten Yogastunden (sowie generell bei Zusammentreffen einer größeren Gruppe) jemand finden lässt, der unter den Folgen eines Traumas leidet. Es ist folglich mehr als an der Zeit, eine gewisse Traumasensibilität in unseren Alltag und unsere Yogastunden zu integrieren.
Trauma und Traumafolgestörung: ein kurzer Überblick der Begrifflichkeiten
Bei einem Trauma (griechisch für „Wunde“) handelt es sich um eine Verletzung, die sich auf den Körper, aber auch auf die Psyche eines Menschen beziehen kann. Laut WHO ist ein Trauma ein „kurz- oder langanhaltendes Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde.“ Schon an dieser Definition lässt sich leicht erkennen, dass der Begriff recht weit gefasst ist und vieles damit gemeint sein kann. So lassen sich Traumata unter anderem in mono-, poly-, non-intentionale und intentionale unterscheiden, abhängig davon, ob jemand ein traumatisches Erlebnis einmal oder mehrfach erlebt hat und dabei entweder zufällig betroffen oder explizit gemeint war. Je nachdem schwankt die Wahrscheinlichkeit, eine posttraumatische Belastungsstörung (die am häufigsten diagnostizierte Traumafolgestörung) zu entwickeln, sehr stark. Während sie bei Erdbeben (einmalig und non-intentional) bei circa 5–10 % liegt, liegt sie bei Vergewaltigung und Folter (oft mehrfach und intentional) mit 50–80 % deutlich höher.
Es gibt eine Reihe von Symptomen, die eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) definieren. Betroffene leiden oftmals unter Albträumen und Flashbacks. Das heißt, dass sie sich nicht nur an das traumatische Ereignis erinnern, sondern dass es sich so anfühlt, als würde es jetzt gerade tatsächlich erneut stattfinden. Infolgedessen ist die Wahrscheinlichkeit eines Vermeidungsverhaltens sehr hoch: In dem sehr nachvollziehbaren Wunsch, das damals so Schreckliche nicht nochmals durchleben zu müssen, wird versucht, alles zu vermeiden, was daran erinnern könnte, und somit wird der Bewegungsraum unweigerlich eingegrenzt. Kein Wunder, dass inmitten der oftmals erlebten Unsicherheit in Verbindung mit wiederkehrenden Flashbacks der Organismus nicht wirklich zur Ruhe kommt: Der Sympathikus des autonomen Nervensystems ist daueraktiv. Körperliche Schwierigkeiten und Autoimmunerkrankungen sind bei […]