Jeder Mensch ist einzigartig, in sich wertvoll und dadurch würdevoll. Egal, welche Religion, Hautfarbe, Nationalität und welches Geschlecht oder Alter er hat. Sich dieses Wertes bewusst zu sein, scheint dringlicher als je zuvor in einer Welt, die aus allen Fugen gerät.
In meinen Seminaren lade ich die Teilnehmer am Anfang der Meditation immer wieder ein, in eine würdevolle Haltung zu kommen. In einer aufrechten Haltung zu meditieren, ist wohl jedem vertraut, der Meditationserfahrung hat. Sich dabei selbst in einer würdevollen Haltung zu begegnen, berührt in meinen Augen eine weitere Facette des Seins, die jedoch nicht immer selbstverständlich angesprochen wird. Dies bestätigte mir auch Klaus, ein Teilnehmer, der am Ende einer Meditation sichtlich berührt zu mir kam und sich für eben diese Anleitung bedankte. Damit aber noch nicht genug. Ein paar Wochen später erhielt ich eine Mail von ihm. Darin teilte er mir mit, dass diese Erfahrung sehr nachhaltig auf ihn gewirkt hat. Als Sohn eines gewalttätigen Vaters hatte Klaus im Verlauf seiner Kindheit oft erfahren müssen, was es bedeutet, wenn man einem jungen Menschen die Würde nimmt.
Der Wunsch, seinen eigenen Selbstwert – und damit einhergehend seine eigene Würde – wiederzufinden, hatte ihn zum Yoga gebracht und ihn dazu bewegt, zusätzlich noch eine Therapie zu machen. Hier hoffte er wiederzufinden, was sein Vater aus ihm herausgeprügelt hatte. Es dauerte allerdings eine Weile, bis er einen Therapeuten fand, der ihm auf Augenhöhe begegnete. Vorher hatte er immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es zwischen dem Therapeuten und ihm ein großes Gefälle gab. Manch einer, der sich als Experte ausgab, glaubte, alles über Menschen wie Klaus und deren Leiden zu wissen, und gab die Richtung der Behandlung vor. Klaus aber wollte genau das nicht, sondern den Heilungsprozess mitgestalten, um seine Würde wiederzugewinnen.
Wie wichtig es ist, dass ein Patient in seiner Autonomie respektiert und geschätzt wird, bringt Prof. Dr. Luise Reddemann immer wieder zum Ausdruck. Als eine der renommiertesten Traumatherapeutinnen Deutschlands wird sie nicht müde zu betonen, wie wichtig eine Gleichheit und Gleichberechtigung beider Interaktionspartner ist, besonders dann, wenn der Patient eine Traumatisierung erlitten hat, die darauf zurückzuführen ist, dass ein Mensch Gewalt, sexuellen Missbrauch, Folter oder massive Vernachlässigung erlitten hat.
»Besonders Menschen in helfenden Berufen – und dazu können auch Yogalehrer, Yogatherapeuten […]