Lebensbejahend und ganzheitlich aus der Fülle des Daseins schöpfen – Ressourcen und Resilienzquellen in der ayurvedischen Psychologie.
Ist das Glas halb leer oder halb voll?“ Mit dieser Frage zielen wir in der Regel darauf ab, zu unterscheiden, ob jemand eine positive oder eine negative Lebenseinstellung hat. In der Psychologie des Ayurveda und der des Yoga, die in weiten Teilen übereinstimmen, geht es aber nicht nur um die Einstellung an sich, sondern darum, über einen Übungsweg die vorhandenen oder potenziellen Kraftquellen aufzufinden, zu aktivieren und im Leben zu nutzen.
Auch in der modernen Psychologie hat man erkannt, wie wichtig es bei psychischen Krisen ist, sich auf die positiven Möglichkeiten der aktuellen Situation zu besinnen. Dies beinhaltet die Nutzung aller Möglichkeiten, die sich auf verschiedenen Ebenen des Menschseins auftun. Bedeutsam ist dabei, Spiritualität im Sinne von spirituellen Erfahrungen und Erlebnissen als Ressource zu nutzen.
Atman – das Selbst durchwirkt alle Ebenen des Lebens
In der indischen Philosophie taucht bereits 1000 v. Chr. das Konzept des Selbst auf, im Sanskrit Atman oder Purusha genannt. Auch hier gibt es einen ersten unmittelbaren Bezug im alltäglichen Erleben: Du erlebst dich selbst als eine Person, ein Ich. Da scheint es eine Kontinuität zu geben, da sind viele Erinnerungen, die Ereignisse in einem Leben miteinander verknüpfen und dich als Person, als Individuum geprägt haben. Neben der Prägung gibt es aber immer einen freien Raum des Bewusstseins, für den du dich öffnen kannst. Die alten Inder waren sich weitgehend darüber einig, dass das Selbst der Kern der Person, der Kern des Lebens, der Kern von allem Sein ist. Damit wird das Selbst auch als ewig betrachtet:
„Das höchste Selbst ist frei von krankhaften Störungen. Es ist die Ursache des Bewusstseins in Verbindung mit der Psyche, den Elementen und Eigenschaften. Es ist ewig und der Betrachter der Handlungen.“
Charaka-Samhita 1.1.56
In dieser Definition des Selbst aus dem ältesten erhaltenen Ayurveda-Text wird deutlich, dass dieser Persönlichkeitskern nichts Abgehobenes, vom Leben Abgetrenntes ist, sondern unmittelbar mit allen anderen Ebenen – bis hin zur körperlichen – zusammenwirkt. Dabei werden auch die grundlegenden Prinzipien der Psychosomatik wirksam.
Salutogenese – was erhält uns gesund?
In diesem Kontext […]