„Blüten-Opfergaben“ als spirituelle Praxis. Teil 2: Meisterung der Sinne und Mitgefühl.
Um mit dem Göttlichen in Beziehung zu gehen, ist es unerlässlich, sich regelmäßig und ganz bewusst Zeit dafür zu nehmen – gerade so, wie wir auch unsere Beziehung mit einem anderen Menschen pflegen. In der letzten Ausgabe, zum Start dieser Serie, wurde erläutert, dass Pushpanjali die Opfergabe von Blüten bezeichnet, oder, im übertragenen Sinne, das Darbringen von „Blumen“ in Form von Sadhana: Wir bieten Gott unsere spirituelle Praxis und unser bewusstes Handeln als die acht „Blumengaben“ mit Hingabe und aufrichtigem Geist an und wenden uns ihm damit ganz bewusst zu. Äußere Handlungen und innere Haltung werden gleichermaßen als Opfergabe ausgeführt und sind allein darin vollkommen sinnerfüllt und -erfüllend. Das Erreichen eines bestimmten Resultats ist nicht länger unser Antrieb zum Handeln, vielmehr empfangen wir die „Früchte“ unseres Tuns als genau das, was für unser fortschreitendes spirituelles Erwachen hilfreich ist – als Folge der universellen Gesetze, als Gabe Gottes.
Als erste „Blüte“ der acht „Blumengaben“ wird in den Schriften Ahimsa genannt. Gewaltlosigkeit in unserem Denken, Sprechen und Handeln als universeller Wert (Samanya-Dharma) wurde in der letzten Ausgabe beschrieben. Entsprechend betrachten wir nun die weiteren Blüten.
2. Blüte: Indriyanigraha – Meisterung der Sinne
In Sanskrit bezieht sich das Wort Indriya auf die Sinne. Zu den Indriyas gehören zum einen die fünf Jnanendriyas (Wissensorgane), welche die uns bekannten fünf Sinne sind (Hören, Tasten, Sehen, Schmecken, Riechen), außerdem fünf Karmendriyas (Handlungsorgane), nämlich Sprachorgan, Hände, Füße, Ausscheidungs- und Fortpflanzungsorgane, sowie der Verstand als das Verarbeitungszentrum für all die Impulse, die die Sinnesorgane liefern. Die Indriyas fungieren als Instrumente, durch die wir die Welt wahrnehmen und schließlich in der Welt handeln.
Nigraha bedeutet etwa Zurückhaltung oder Kontrolle – „Indriyanigraha“ wäre dann also Zurückhaltung oder Kontrolle der eigenen Sinne. Mit diesen Begriffen könnte ein gewisses Maß an Zwang oder Unterdrückung assoziiert werden, was die Bedeutung hier nicht richtig erfasst – das Wort „meistern“ trifft es besser: Indriyanigraha als „die Meisterung der eigenen Sinne“. Eine Person, die eine Disziplin gemeistert hat, wird nicht mehr durch diese Disziplin eingeschränkt. Ein Meister der Musik übt beispielsweise die Disziplin der Musik auf natürliche Weise und mit Leichtigkeit aus. Ein Anfänger hingegen muss große Anstrengungen unternehmen, um die […]