Patrick Broome zählt zu den bekanntesten Yogalehrern im deutschsprachigen Raum. Geboren in Deutschland und aufgewachsen in Kalifornien, fand Patrick seine spirituelle Heimat im New Yorker East Village im Jivamuki Yoga Center auf der Second Avenue. Jetzt versucht er Menschen aus aller Welt das näherzubringen, was ihm wirklich am Herzen liegt: Hingabe an Gott und damit verbunden ethischer Vegetarismus, Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung.
Internet: www.jivamukti-schwabing.de
INTERVIEW
YOGA AKTUELL: Wann haben Sie zum ersten Mal ganz bewusst geatmet?
Patrick Broome: Ich nehme an, nach einem kräftigen Klaps auf meinen Hintern einige Sekunden nach meiner Geburt. Den ersten klassischen Pranyama-Unterricht erhielt ich 1997 in München bei Volker Auer, der uns Ujjayi-Pranayama im Drehsitz üben ließ, und ich hatte das Gefühl, jeden Moment zu explodieren. Das erste Mal wirklich bewusst in einer Yogastunde geatmet habe ich 1999 bei meiner ersten Yogaklasse mit Mark Whitwell in New York.
Wann haben Sie erkannt, dass Pranayama ein wichtiger Aspekt im Yoga ist?
Mir wurde damals bereits in den Ausbildungsklassen bei Volker Auer in München bewusst, welch eine Kraft im Atem steckt und was für ein wichtiges Instrument die Atemarbeit zur Befreiung darstellen kann. Patanjali definiert Pranayama als die Regulation der Einatmung und Ausatmung und als das Anhalten des Atems, während man die Länge variiert und diese Variation für eine Weile beibehält. Durch diesen Prozess wird der Geist ausgerichtet. Der Atem durchdringt die Bewusstseinsebenen und verringert Blockaden, die eine klare Wahrnehmung hemmen. Wir beginnen kosmische Energie, oder Prana, zu spüren und diese Energie nach oben durch alle sieben Chakras hindurchfließen zu lassen, so dass wir uns über den Körper und Geist erheben können und einen Zustand transzendentalen Bewusstseins erreichen.
Welche Rolle spielt Pranayama generell in Ihrer Tradition?
In der Jivamukti-Yoga-Tradition sind der Ujjayi-Atem sowie der bewusste Einsatz der Bandhas während des Übens von Hatha-Yoga-Positionen essenziell. Dies bindet unsere Intention bei der Praxis und hilft bei der Ausrichtung des Bewusstseins auf die all-durchdringende Quelle. Und um ein leistungsfähiger Sozialaktivist zu sein und unsere Handlungen dem Ziel widmen zu können, ein Leben im Dienste der Allgemeinheit und für das Wohlergehen der Welt zu führen, brauchen wir Vitalität, Mut und Selbstbewusstsein.
Wie oft praktizieren Sie persönlich Pranayama?
Ich übe jeden Morgen eine kurze Sequenz atemgeleiteter Bewegungsabläufe, dann einige Minuten Wechselatmung und danach Stilles Sitzen.
Welche Rolle spielt es in Ihrem Unterricht?
Durch Asana-Praxis und Atemregulation können wir die Nadis reinigen – die subtilen Nervenkanäle, durch welche die pranische Energie fließt. Wir beginnen, sie zu fühlen, und zu lernen, mit ihr zu arbeiten. Und sobald man spüren kann, wie Prana durch einen hindurchfließt, kann man lernen, dieser Energie eine nützliche, heilsame Richtung zu geben: Evolution in Richtung Gott.
Was war Ihre tiefste Erfahrung beim Pranayama?
Ich erinnere mich hier an ein Seminar mit Godfrey Devereux in München. Es ging um die Erfahrung des Uddiyana-Bandha. Nach etwa drei Stunden intensiver körperlicher Vorbereitung entwickelte sich plötzlich in meinem Unterbauch ein solcher Sog, dass sich in mir heftigste Todesangst ausbreitete. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass mein „Ego“ von diesem Sog verschluckt werden und sich auflösen könnte. Nachdem die erste Panik verflogen war, war das Erlebnis des Aufstiegs von Energie aus dem Beckenraum hoch in den Brustbereich eines der orgastischsten Gefühle meines Lebens schlechthin.
Gibt es bei Ihren Kursteilnehmern einen gemeinsamen Erfahrungsnenner beim Pranayama?
Schüler in den Jivamukti-Yoga-Centern weltweit lernen alle bereits in den Anfängerklassen den Ujjayi-Atem und Kapalabhati, allerdings als Kriya (Reinigungsübung). Ob die Lehrenden dann noch vertiefende Pranayama-Kurse anbieten, hängt von der jeweils persönlichen Kompetenz ab.
Gibt es auch Gefahren bei der Ausübung von Pranayama?
Selbstverständlich ist nicht jede Atemübung gut für jeden Schüler. Hier gilt es, sich in die Hände eines erfahrenen Lehrers zu begeben und den Pranayama, der zu dieser Zeit und für diese Konstitution angemessen ist, zu erlernen.
Gibt es Menschen, denen Sie Pranayama nicht anraten würden?
Sicher, dass muss allerdings sehr individuell abgestimmt werden.
Was ist Ihre persönliche Lieblings-Pranayama-Übung?
Über die letzen 15 Jahre habe ich fast täglich Kapalabhati geübt. Da ich unter leichtem Asthma und vielen Allergien leide, war diese kapha-reduzierende Übung für mich wichtig und angenehm. Jetzt merke ich langsam, dass die Begeisterung dafür etwas nachlässt und ich den ausgleichenden und nährenden Charakter der Wechselatmung zu bevorzugen beginne.