Gibt es irgendetwas, über das die Menschen mehr sprechen, singen oder schreiben als über die Liebe? Hat uns je etwas stärker bewegt als dieses immerwährende Herzensthema? Kann man die Liebe in die Sprache des Yoga fassen?
Letztlich ist das Phänomen der Liebe selbst natürlich unfassbar und nicht in Begriffe zu packen. Wie sollte man zum Beispiel jemandem erklären, was es bedeutet, zu lieben, wenn dieser noch niemals Liebe erfahren hat? Doch die Ideen des Yoga sind durchaus geeignet, etwas über die Liebe und die verschiedenen Gesichter, die sie uns zeigt, auszusagen. Einen Zugang dazu eröffnen die Gunas, jene fundamentalen Qualitäten des Seins, die in ihrer Gesamtheit die Schöpfung bilden.
Zuerst möchte ich hier einen kurzen Blick auf diesen zentralen Punkt der Yogaphilosophie werfen: auf die Gunas, die nicht nur im Hinblick auf die Liebe, sondern ganz generell zentral sind. Vor diesem Hintergrund möchte ich dann über drei grundsätzliche Facetten der Liebe nachdenken. Ich nenne sie „die drei Farben der Liebe“.
Die Gunas
Sankhya, das philosophische Fundament des Yoga, beschreibt die Schöpfung (Prakrti) als Trigunatmika. Das bedeutet, dass die Existenz in ihrer Gesamtheit – darin eingeschlossen wir und alles, was uns ausmacht, auch Gedanken und Gefühle –, dass dieses alles also aus drei Gunas „gemacht“ ist.
Guna bedeutet wörtlich „Strang“ – ein vielsagendes Bild, sind doch aus Sicht der Yogaphilosophie alle Seelen in diese Stränge der Schöpfung verstrickt, gebunden an das Rad, das man auch Samsara nennt: Geborenwerden, Leben und Sterben. Übersetzt wird das Wort „Guna“ meist als „Eigenschaft“ oder „Qualität“.
Drei Eigenschaften also, das ist die Idee, wirken in allem Sein. In einer moderneren Ausdrucksweise könnten wir sagen, dass es drei energetische Grundqualitäten gibt. Sie leiten sich her von Prakasha, dem Licht, von Kriya, der Aktivität, und von Sthiti, der Stabilität. Aus diesen drei Worten wird der Begriff Prakrti gebildet, und er spiegelt diese drei der Natur inhärenten Prinzipien wider:
Da gibt es zum einen die Festigkeit und Stabilität, das Dichte und Schwere, die Dunkelheit, Trägheit und Unbeweglichkeit: Das ist der Sthiti-Aspekt in Prakrti. Wir nennen ihn auch Tamas. Dem Kriya-Aspekt in der Schöpfung begegnen wir in allem, was aktiv ist: in der Hitze und Bewegung, in der Ruhelosigkeit und Veränderung, in allen dynamischen […]