Damit wir uns selbst so lieben können, wie wir sind, müssen wir uns zunächst wirklich kennenlernen. Yoga kann uns dabei wirkungsvoll unterstützen, wenn wir uns mehr auf die innere als auf die äußere Haltung fokussieren.
Wir kommen nicht mit einem Mangel an Selbstliebe auf die Welt. Als Kind sind wir ganz in unserem Körper zuhause und erfreuen uns an den Empfindungen und Abenteuern, die er uns ermöglicht. Die Impulse und Gefühle, die auftauchen, drücken wir einfach aus, ohne daran zu denken, dass irgendetwas daran oder mit uns nicht in Ordnung sein könnte. Leider wird unser So-Sein in den meisten Fällen nicht mit Freude bestaunt und mit Wärme belohnt, sondern wir lernen allmählich, dass wir für die Liebe und Anerkennung unserer Bezugspersonen – die in diesem Alter für uns überlebensnotwendig sind – etwas leisten müssen. Wir sollen Erwartungen erfüllen, brav sein, unsere Lebendigkeit zügeln. Und ganz allmählich beginnen wir an uns zu zweifeln und lernen, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist.
Untersuchungen haben gezeigt, dass deutsche Kleinkinder von Eltern und Erziehern deutlich mehr negatives als positives Feedback erhalten. Auch in der Schule werden Fehler mit dem Rotstift markiert und nicht das, was uns gelingt. Als Kinder schließen wir daraus: „So wie ich bin, bin ich nicht in Ordnung. Ich muss mich anstrengen, um ‚richtig‘ zu werden.“
Strategien der Selbstoptimierung
So werden wir zu Erwachsenen, die sich als Mangelwesen begreifen und sich daher unaufhörlich selbst optimieren. Unser Blick ist dabei nach außen gerichtet, in der Hoffnung, dass wir uns irgendwann doch noch vollkommen angenommen fühlen und „satt“ werden. Manche versuchen dies durch Leistung zu erreichen, manche durch ein perfektes Äußeres, andere dadurch, dass sie sich immer um alle aufopfernd kümmern. Die Stimmen der Bezugspersonen brauchen wir nicht mehr: Wir haben sie verinnerlicht und kritisieren uns fortan selbst.
Gerade Frauen (aber auch immer mehr Männer) verlernen über die Jahre, ihren Körper zu bewohnen, sondern messen und bewerten ihn in Kilos und Kleidergrößen. Wir vergleichen uns mit Idealen, die es so nur in unserer Fantasie und als Produkt von Photoshop gibt. Selbst erfahrene Yogalehrerinnen bleiben davon nicht verschont. So erzählt die bekannte amerikanische Yogini Cyndi Lee in ihrem Buch Möge ich glücklich sein: „Selbst ich, die ich […]