Wie man in der Schönheit den Geschmack des Friedens finden kann – über einen dynamischen Akt der Selbsterkenntnis unserer Seele, der uns zum Grund unseres Seins führt.
Es ist Shiva selbst, von unbezähmbarem Willen
und klarem Bewusstsein, der stets in meinem Herzen funkelt.
Es ist seine höchste Shakti selbst,
die stets an der Schwelle meiner Sinne spielt.
Die ganze Welt glüht als das wundersame Ergötzen
des reinen Ich-Bewusstseins.
In der Tat weiß ich nicht, worauf das Wort „Welt“
Bezug nehmen soll.
(Abhinavagupta)
Bestimmt kennst du den Satz „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“. Diese Aussage, die Plato zugeschrieben wird, bedeutet wörtlich, dass das Wahrnehmen von Schönheit eine subjektive Erfahrung ist. Folglich ist jeder Versuch, Schönheit zu definieren, auf die Art und Weise der persönlichen Wahrnehmung begrenzt und somit zum Scheitern verurteilt. Gibt es also irgendwelche gültigen Kriterien für das, was wir als das Erfahren von Schönheit bezeichnen? Und wenn ja, was steht hinter dieser Erfahrung? Was genau ist es, das uns vor Erstaunen nach Luft ringen lässt? Das Ganze ist ein Paradoxon, und in dieser spontanen Beleuchtung möchte ich nicht versuchen, es aufzulösen, sondern ich kann hier nur einige Perlen ewiger Wahrheit mit dir teilen, denen dasselbe Thema als Verbindung zugrunde liegt. Es bleibt dir, dem Leser, überlassen, daraus einen Rosenkranz deines eigenen Verständnisses zu bilden.
Wie der Betrachter die Schönheit initiiert
Per definitionem bedeutet der vedische Terminus Rshi „Seher“ – derjenige, der die Gabe hat, wahrzunehmen, was für gewöhnlich außerhalb des normalen Erfahrungsspektrums liegt. Allerdings handelt es sich nicht um sehen, sondern eher um „lauschen“ – wahrnehmen durch die subtilste Essenz von Klang – und darum, im Ozean dieses Klangs etwas zu vernehmen, das auf die Ebene direkter Erkenntnis gebracht werden kann. Auf gewisse Weise ist der kreative Prozess, den ein Künstler vollzieht, dem eines Rshis, der Formen ersinnt, bevor sie in die Existenz eintreten, nicht unähnlich. Beide erschaffen eine neue Realität – ob auf der Leinwand oder indem sie aus dem Stein gemeißelt wird, oder aber, indem sie aus Raum-Zeit heraus gewoben wird – und beide benötigen eine äußerst scharfe Vision, eine durchdringende […]