Verletzungen und Verschleißerscheinungen durch Yoga? Warum die Yogapraxis vor allem auf lange Sicht schaden kann, und wie gesundes Üben gelingt.
Erst seit wenigen Jahren wird auch in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert, was unter kompetenten Yogalehrenden nie ein Geheimnis war: Asana-Praxis kann auch schaden. Reflexhafte Abwehrreaktionen in der Yogaszene auf diesen Fakt („Yoga tut immer gut“) sind inzwischen vielerorts der Einsicht gewichen, dass es sich lohnt, über die Risiken von Asanas zu reflektieren (Das gilt in besonderem Maße für die englischsprachige Yogaszene). Das hilft nämlich nicht nur, Schaden zu vermeiden, sondern auch ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie mit Asana-Praxis auf nachvollziehbare Weise die bestmögliche Wirkung für Gesundheit und Wohlergehen zu erreichen ist.
Die Diskussion
Gravierende akute Verletzungen (wie etwa Schlaganfälle nach Verletzung der Arteria vertebralis durch den Schulterstand oder akute Bandscheibenvorfälle durch intensiv praktizierte Vorwärtsbeugen) sind – obwohl für die Betroffenen fatal – eher selten.
Anders sieht es aus, wenn nach Beschwerden wie etwa Schmerzen gefragt wird, die durch die Yogapraxis entstanden sind. Die dazu bisher aussagekräftigste prospektiv durchgeführte Studie1 zeigt, dass 10 Prozent der über ein Jahr hinweg beobachteten Yogapraktizierenden übungsbedingte Schmerzen entwickelten und sich bei 20 Prozent bestehende Schmerzen verschlimmerten. Aber die positive Nachricht ist: Der Rest der Teilnehmer berichtete, dass sich mit Yoga bestehende Schmerzen gebessert hätten. Die Botschaft lautet also, kurz gesagt: Ob Yoga einem Menschen hilft oder schadet, hängt davon ab, ob er das Glück hat, eine für ihn passende Praxis angeboten zu bekommen – oder das Pech, dass dies nicht geschieht. Wir wollen unsere Yogapraxis aber nicht dem Zufall überlassen. Deshalb geht es bei den Diskussionen um die Risiken von Yogapraxis wesentlich darum, den Umgang mit Asanas in nachvollziehbarer Weise gesund und wirkungsvoll zu gestalten und die dafür notwendige Individualisierung von Übungspraxis zu verwirklichen. Gerade Menschen, die sich ein regelmäßiges Asana-Üben für ihr Leben zu eigen gemacht haben, fragen sich zu Recht: Worauf muss ich achten, wenn ich Asanas über einen längeren Zeitraum und regelmäßig übe? Was hilft mir, gesund zu bleiben, und was kann mir schaden? Gefragt ist also der Blick auf die Nachhaltigkeit – die Langzeitwirkungen von Asana-Praxis einerseits. Andererseits brauchen wir Kriterien für die Individualisierung der Praxis.
Um vertrauenswürdige und nachvollziehbare Antworten auf diese Fragen zu finden, […]