Der Beifuß gehört zu den ältesten europäischen Räucherkräutern, seine rituelle Verwendung reicht erstaunliche 70.000 Jahre zurück. Eingesetzt wird die Pflanze zur Begleitung von Übergängen, zur Vorbereitung auf schamanische Reisen, als Mittel zur rituellen Reinigung, als apotropäisches Schutzwerkzeug, als so genanntes Oneirogen zur Klärung und Schärfung des Traumbewusstseins sowie als vielfältig anwendbares Heilkraut.
Der Beifuß sowie andere Arten aus der botanischen Gattung Artemisia faszinieren und begleiten den Menschen bereits seit Jahrtausenden. Ihre mannigfaltigen Heilkräfte und ihr herb-würziges Aroma wurden bereits im Altertum beschrieben, wobei wir unter Berücksichtigung heutiger Erkenntnisse davon ausgehen können, dass einige „Artemisien“ bereits in der frühen Menschheitsgeschichte eine gewichtige Rolle spielten: als Ritualpflanze, als Heilmittel sowie als würziges Kulinarikum.
Die Gattung Artemisia
Die Gattung Artemisia wird den Korbblütlern (Asteraceae) zugeordnet und umfasst über dreihundert gesicherte Arten. Die meisten von ihnen sind in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel beheimatet. Abhängig von der jeweiligen Art wachsen die Pflanzen sowohl ein- als auch mehrjährig, als krautige Pflanze oder als Strauch, und können dabei Wuchshöhen von 0,5 bis 3,5 m erreichen. Das Blattwerk der Artemisia-Arten ist üblicherweise fiederteilig, wechselständig, grün, grau oder silbrig, und es verströmt – genau wie ihre Blüten – ein mehr oder minder intensives Aroma. Die kleinen Blüten befinden sich in rispen- oder traubenförmiger Anordnung und können ein grünlich-weißes, gelbes oder rötliches Farbspektrum aufweisen. Die Blütenfarbe des Beifuß ist meistens grün-weiß, manchmal auch mit einem leichten Grau- oder Gelbstich, hingegen haben der Wermut sowie viele weitere Artemisia-Arten gelbe Blüten.
Was die Pharmakologie der Artemisia-Arten betrifft, verfügen die meisten von ihnen über hohe Konzentrationen an heilsamen Bitterstoffen aus der Gruppe der Sesquiterpenlactone und über ein ätherisches Öl, das arten- sowie standortabhängig unterschiedliche Zusammensetzung hat.
Die etymologische Herkunft der Gattungsbezeichnung Artemisia findet sich zu hoher Wahrscheinlichkeit im Namen der griechischen Göttin Artemis, die in der Mythologie eine sehr starke Beziehung zu Frauen und Kindern hatte – wird sie doch als lebenspendende „Hüterin der Gebärenden“ bezeichnet. Bedenken wir nun, dass zahlreiche Artemisia-Arten seit langen Zeiten als wichtige Frauenkräuter bekannt sind, erscheint diese Herleitung leicht nachvollziehbar. Aber auch andere Eigenschaften der Göttin Artemis lassen sich in den Beifuß-Arten wiederfinden. Man könnte auch sagen, dass sich die Qualitäten dieser Göttin nirgendwo sonst im Pflanzenreich […]