Um zu jenem großen Mystiker zu werden, den heute Suchende in aller Welt lieben, musste Rumi viele Prüfungen durchstehen. Ein Blick in das Leben des Meisters der allumfassenden Liebe, dessen Todestag sich nun zum 750. Mal jährt.
Wer das Mausoleum von Dschalaluddin Rumi in der Türkei besucht, tritt unter einer unscheinbaren Tafel hindurch, die über dem Eingangsportal hängt. In kunstvoll geschwungenen Kalligrafie-Lettern steht dort auf Persisch geschrieben: „Dies ist die Kaaba der Liebenden. Wer als Unvollendeter hierherkommt, verlässt diesen Ort vollendet.“
Ein ganz schönes Versprechen, möchte man denken – zumal sich die Mevlevi-Derwische auf ihrem spirituellen Weg einer langjährigen Schulung zu unterziehen hatten. Wer in den Orden, der auf den Lehren Rumis basiert, aufgenommen werden wollte, musste zunächst 1001 Tage lang in der Küche dienen –
meist mit monotonen Aufgaben wie dem Fegen des Küchenbodens oder Zwiebelschneiden. Erst nach Ablauf der Probezeit entschied der Meister, ob es jemand wirklich ernst meinte mit der Arbeit an sich selbst.
Rumi, der auf Türkisch Mevlana (unser Meister) genannt wird, liebte Metaphern aus der Küche. Einmal beschrieb er sein eigenes Leben so: „Ich war roh, ich kochte und verbrannte.“
An „Kochprüfungen“ mangelte es nicht im Leben von Rumi, dessen Todestag sich im Dezember zum 750. Mal jährt. Schon in seiner Kindheit erfuhr der junge Dschalaluddin Mohammed, was es heißt, von seiner Heimat getrennt zu werden. Als Dschalaluddin – sein Geburtsname bedeutet der „Glanz der Religion” – etwa fünf war, verließ die Familie das heimatliche Balch, eine heute eher trostlose Kleinstadt in Nordafghanistan. Nach einigen Jahren Station in Samarkand machte sich die Familie auf den Weg nach Anatolien, wo Rumis Vater als Koranlehrer im Dienste des Sultans eine Anstellung erhielt.
Vor dem Hintergrund dieser Exil-Erfahrung lässt sich vielleicht erklären, warum Rumi sein großes Lehrwerk, das Masnawi, mit der Metapher der Rohrflöte (ney) beginnt, die aus dem Röhricht geschnitten wird und sich klagend in ihre Heimat zurücksehnt:
Hör zu, wie dieses Schilfrohr sich beklagt,
wie es von seinem Trennungsschmerz erzählt:
„Seit man mich abgeschnitten hat vom Röhricht,
klagt Mann und Frau in meinen Flötentönen.
Ein Herz, zertrümmert von der Trennung, wünsch ich,
damit ich ihm vom Sehnsuchtsschmerz berichte.“
Wer immer fern von seinem Ursprung […]