Flucht oder Vollendung? Über die Entdeckung des göttlichen Funkens im eigenen Herz-Innenraum und die Verwirklichung der Seele als Weg zurück in die Ur-Einheit.
Göttlich zu werden in der Natur der Welt und im Symbol des Menschen ist die Vollendung, für die wir erschaffen wurden.1 (Sri Aurobindo)
Egal, welchen spirituellen Weg ein Mensch geht, oder für welche Yogapraxis er sich entscheidet – ob Hatha-, Bhakti-, Karma– oder Integraler Yoga, ob Zen oder Achtsamkeit und ein Leben im Jetzt –, ist Spiritualität doch vor allem eines: die Bemühung um ein bewusst gelebtes Leben und die Suche nach sich selbst. Manche nennen es auch die Suche nach Gott. Denn der Mensch hatte offenbar schon immer das Empfinden, von der Quelle allen Seins getrennt zu sein. Und da er spürte, dass er nicht vollständig ist, begann er, nach jenem zu suchen, das ihn wieder ganz und heil, und damit heilig, machen sollte. Leider suchte er außerhalb seiner selbst, erschuf sich damit unzählige Götter und Götzen, im Irrglauben, sie könnten seine innere Leere füllen. Stattdessen machte er sich abhängig von ihnen, verstrickte sich immer tiefer in eine vermeintlich materielle Welt, wodurch er sich selbst noch mehr verlor. Und solange der Mensch sich selbst und die Welt für etwas vom Absoluten Abgespaltenes hält, kann ihm jegliche individuelle und universelle Existenz nur als Illusion erscheinen.
Transformation statt Flucht in die Transzendenz
Daher kamen vor allem die Weisheitslehrer der traditionellen religiösen und spirituellen Richtungen zu dem Schluss, dass es nur einen einzigen Weg gäbe, dieser irdischen Verstrickung zu entfliehen: indem man die menschliche Individualität für null und nichtig erkläre, um sie sodann in der Transzendenz auszulöschen. Ihnen war ganz offensichtlich der wahre Grund für das menschliche Leben auf Erden noch nicht bewusst, der – wie der große indische Weise und Dichter Sri Aurobindo so treffend anmerkt – doch darin besteht, „frei in der Welt und nicht aus der Welt befreit zu leben.“2
Vielleicht war es der Anblick des sternendurchfunkelten nächtlichen Firmaments oder der strahlenden Sonne an einem tiefblauen Tageshimmel, das den Menschen irgendwann erahnen ließ, dass etwas solch wundervoll leuchtendes Ewiges doch auch in ihm selbst vorhanden sein müsse. Denn wie könnte er in der Welt da draußen auch nur irgendetwas wahrnehmen, wenn es nicht auch in ihm drinnen existiert? […]