Entspannung und Gelassenheit sind Zauberworte, die dir helfen, dass Ruhe im Kopf einkehren kann und Druck und Anspannung abnehmen. Wir stellen dir wirkungsvolle Haltungen aus dem Yin Yoga vor, die dich in Kombination mit Akupressurpunkten von lästigen Kopfschmerzen und Migräneanfällen befreien können.
Kopfschmerzen – zu viel Hitze im Kopf
Selbst viele Yogis leiden unter Druck und Enge im Kopf. Das liegt nicht nur am Dauerstress, sondern kann auch an den extrem wechselnden Temperaturen und Stürmen liegen, die derzeit unser Land beherrschen. Kopfschmerzen können auch dann schneller aufkommen, wenn die Yogapraxis sehr yanglastig ist. Dann kann es passieren, dass wir nachts nicht durchschlafen und wir nicht richtig regenerieren können, was sich durch zu viel Hitze im Kopf bemerkbar macht.
Vielleicht leidest auch du unter Spannungskopfschmerzen, Migräne oder Anspannung und weißt manchmal gar nicht, wie du trotz dieses unangenehmen Körpergefühls dein tägliches Pensum an Verpflichtungen und Aufgaben schaffen sollst? Zeit für eine eigene Yogapraxis hast du vielleicht auch nicht in dem Maße, wie du sie dir wünschen würdest. Dabei ist es genau das, was dich darin unterstützen würde, mal wieder Klarheit und Ruhe im Kopf zu bekommen.
Die Yogalehrerin Friederike Reumann hat in ihrem Buch Heilendes Yin Yoga wunderschöne Übungssequenzen zusammengestellt, die dich in deine Mitte zurückbringen, dir Energie schenken und Körper und Geist wieder in eine Balance bringen können. Mehr Ausgeglichenheit führt zu mehr Erdung und verteilt die im Kopf angestaute Energie im ganzen Körper.
Dysbalancen erkennen
Bevor es in die Praxis geht, lass uns jedoch zunächst einen Blick auf die drei häufigsten Energie-Dysbalancen werfen, die es dir möglich machen, deine Beschwerden besser zuzuordnen. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), die einen wichtigen Part im Yin Yoga spielt, kennt hier acht Ungleichgewichte zwischen Yin und Yang.
Energie-Dysbalancen: Yang-Fülle
Die drei häufigsten Energie-Dysbalancen, die das heutige Leben mit sich bringt und aus denen Krankheiten entstehen können, sind der Zustand der „Yang-Fülle“. Hier werden akute Beschwerden wie Kopfschmerzen und Migräne zugeordnet. In diesem Zustand hast du noch genügend Yin-Energie in dir, aber das Yang ist etwas über das Ziel hinausgeschossen. Es ist zu viel davon vorhanden. Eigentlich braucht es nicht viel, um eine Balance wieder herzustellen: ausreichend Schlaf, Stressreduktion, Yang ableitenden Übungen und eine gesunde Ernährung gleichen Yin und Yang schnell wieder aus und schenken dem Körper die Kraft zur Regeneration.
Energie-Dysbalancen: „hyperaktives“ Yang
Ist das Yang „hyperaktiv“, dann hast du einen Mangel an Yin-Energie in dir und zu viel Yang. Diese Dysbalance bringt subakute Beschwerden mit sich. Damit gemeint sind Beschwerden, die länger als einen Monat anhalten, wie zum Beispiel hartnäckige Verspannungen, Antriebslosigkeit und Vitalitätsverlust. Hier können anhaltende vegetative Symptome wie Herzrasen, innere Unruhe, Schlafstörungen oder nächtliche Schweißausbrüche und trockene Haut oder Schleimhäute ein Ausdruck dieser Hyperaktivität sein.
Energie-Dybalancen: Yin-Mangel
Bei einem richtigen Yin-Mangel entstehen chronische Beschwerden. Auch wenn es noch genügend Yang-Energie gibt, so erschöpft sich diese jedoch, weil sie versucht, den chronischen Yin-Mangel auszugleichen. Durch den zunehmenden Yin-Mangel lassen sich die Strukturschäden im Körper nicht mehr komplett reparieren.
Die Folge können sein: Gelenkverschleiß, Versteifung sowie einer Starre im Körper und Geist. Sie äußern sich in konstanter Erschöpfung, Schlafstörungen, Entzündungen im Darm und ein Immunsystem, das keine Abwehrkräfte mehr zur Verfügung hat. In diesem Zustand leiden die Nieren. Sie liefern aus Sicht der TCM die lebensnotwendige, tägliche Lebensenergie. Wenn keine Energie nachproduziert werden kann, fehlt dem Körper die notwendige Kraft zur Regeneration und Selbstheilung.
Lade mehr Yin-Energie in dein Leben ein
Die folgenden Übungen können dich dazu inspirieren, dir selbst mehr Zuwendung und Ruhe zu gönnen. Dadurch wirst du dich auf allen Ebenen wieder regenerieren. Die regelmäßige Praxis dieser Asanas in Kombination mit den Akupressur-Punkten wird dich darin unterstützen, einen klaren Kopf zu bekommen.
Yin-Haltungen gegen Kopfschmerzen
Für den Schwan gibt es zwei Akupressur-Punkte, die bei Kopfschmerzen gleichzeitig wirken. Das Asana dehnt folgende Meridiane: Leber, Nieren, Milz und Magen sowie Gallenblase. Je nach Armposition können die Meridiane von Herz und Lunge dazukommen.
1Schwan meets „Teich des Windes“
Der Punkt „Teich des Windes“ (Gb 20) kann bei morgendlichen Kopfschmerzen mit versteifter Nackenmuskulatur gedrückt werden. Er zählt in der TCM zu den wichtigsten Punkten bei Stress, weil er das vegetative Nervensystem ausgleichen kann. Er stillt Schmerzen in der Schulter-Nacken-Muskulatur.
Ausgangsstellung: Komm in die Grundhaltung „der Schwan“. Stell dazu den rechten Fuß vorne bei den Händen auf. Streck das linke Bein lang nach hinten aus. Das rechte Bein sinkt zur Seite, sodass du es mit der Außenseite am Boden ablegen kannst. Der Fuß rutscht so weit wie möglich zum Schambein. Das Knie immer weiter nach außen ablegen und den Oberkörper zur Erde sinken lassen. Die Arme sind lang über den Kopf ausgestreckt. Hüften, Beine, Oberkörper und Arme entspannen, während der Atem tief in den Bauchraum fließt.
Ausführung für den Akupressurpunkt: Orientiere dich am Hinterkopf. Darunter, an den Condylen (die fühlbaren Knochen) vom Hinterhaupt des Kopfes, zwischen den beiden Muskelansätzen vom Kapuzenmuskel und dem großen Kopfwendermuskel, findest du den Punkt in einer kleinen Kuhle beidseits der Wirbelsäule. Der Punkt wird auf beiden Seiten gleichzeitig gedrückt.
Gb 20 ist ein hochwirksamer Punkt bei Kopfschmerzkombinationen: zum Beispiel Kopfschmerzen mit Bluthochdruck, Kopfschmerzen mit geröteten Augen oder Kopfschmerz mit Wetterfühligkeit.
2Schwan meets „Residenz des Windes“
„Residenz des Windes“ (Du 16) ist wieder ein Punkt auf einem der außerordentlichen Gefäße (du mai). Bei Nackenkopfschmerz mit Schwindel und selbst bei Migräne erweist er sich als hochwirksam. Er klärt den Geist und öffnet die Sinne. Du 16 und Gb 20 lassen sich bestens mit einem Griff kombinieren. Bei diesem Griff liegen die Handflächen auf dem Hinterkopf. Je ein Daumen liegt auf Gb 20. Die Fingerkuppen beider Zeigefinger treffen sich mittig auf dem Punkt du 16. Die übrigen Finger liegen flach auf der Kopfhaut auf.
Ausgangsstellung: Komm in die Grundhaltung „der Schwan“.
Ausführung: Orientiere dich am Hinterkopf. Rutsche mit dem Finger am Hinterkopf nach unten in Richtung ersten Halswirbel in eine kleine Kuhle. Zwischen den Ansätzen des Trapezmuskels findest du den Punkt Du 16. Er wird mit einen Kombigriff zusammen mit Gb 20 gedrückt.
Tuina gegen Kopfschmerzen
Tuina wird mit „Schieben und Greifen“ übersetzt. Es beschreibt die chinesische Manualtherapie, mit der alle Meridiane behandelt werden. Einige dieser Techniken kann man selbst durchführen. Akute Beschwerden werden symptombezogen und nah an den Beschwerden ausgeführt. Häufig braucht es nur eine einzige Behandlung, um die Schmerzen vollständig aufzulösen.
Es gibt einige einfache Griffe, mit denen man Beschwerden selbst lindern kann. Die hier vorgestellten Griffe helfen bei Kopfschmerzen, da sie den Qi-Fluss regulieren und die lokale Durchblutung anregen. Darüber hinaus lösen sie fasziale Verklebungen und mobilisieren Schlackenstoffe. Die Selbstbehandlungstechniken können akute Kopfschmerzen lindern und den Druck von den Augen nehmen.
Mache diese Anwendung am besten am Anfang deiner Praxis. Achte bei der Durchführung auf eine entspannte Körperhaltung und lockere Schultern. Bei kalten Händen empfiehlt es sich, sie durch schnelles Aneinanderreiben zu erwärmen und mit Energie aufzuladen.
3Schieben und Drücken bei Schläfenkopfschmerz
Schläfenkopfschmerzen können durch einen verspannten Kiefer, eine gestaute Gallenblase oder durch eine feste Schädelnaht im Bereich des Kiefergelenks entstehen.
Entlastungsgriff: Schieb die Haut an der Seite des Kopfes zu beiden Seiten mit den Daumenkanten vom Haaransatz über die Schläfen und über das Kiefergelenk. Pass den Druck so an, dass er nicht zu locker und nicht zu intensiv ist, also für dich selbst angenehm ist. Wiederhol diesen Vorgang drei bis fünf Mal.
4Schieben bei Stirnkopfschmerzen
Stirnkopfschmerzen können durch ein blockiertes Steißbein entstehen. Sie lösen über die Faszienketten Schmerzen im vorderen Kopfbereich aus. Kopfschmerzen, die entstehen, wenn man lange vor dem PC sitzt und sich konzentrieren muss, können auch durch eine gestaute Leber entstehen.
Entlastungsgriff: Setz die Fingerkuppen beider Hände rechts und links neben der senkrechten Mittellinie der Stirn auf. Verschiebe die Haut von dort aus mit der rechten Hand nach rechts und mit der linken Hand nach links über die Stirn, die Schläfen bis zu den Ohren. Wiederhol den Griff drei Mal.
Setz dann beide Daumenkuppen über der Nasenwurzel an und schieb sie mit kräftigem Druck von der Nasenwurzel über die Stirn bis in den Haaransatz. Wiederhole diese Übung dreimal.
5Schieben und Greifen bei Spannungskopfschmerzen
Spannungskopfschmerzen bauen sich meist während des Tages auf und entstehen durch Stress und Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich.
Entlastungsgriff: Streich mit den Kuppen der Zeigefinger beidseits von innen nach außen die Faszien über den Augenbrauen aus. Danach streichst du die Augenbrauen auf die gleiche Weise direkt aus. Streich dabei achtsam und bei geschlossenen Augen von innen nach außen über den Augapfel. Wiederhol diesen Vorgang jeweils dreimal. Greif abschließend mit beiden Händen in die Nackenmuskulatur und massiere sie so lange, bis sie sich gelöster und entspannter anfühlt.
6Zangengriff bei Augendruck und Konzentrationsverlust
Kopfschmerzen und Druck hinter den Augen können durch Computerarbeit entstehen. Ein weiterer Grund ist eine chronische Verstopfung der Nasennebenhöhlen.
Entlastungsgriff: Umfass die Nasenwurzel mit der Daumen- und Zeigefingerkuppe wie mit einer Zange. Setze die Finger so an, dass sie in der kleinen, fühlbaren Kuhle an der Nasenwurzel platziert sind. Stell dir vor, du willst die Nasenwurzel sanft zusammendrücken. Der Druck baut sich langsam auf und langsam wieder ab. Wiederhole den Griff fünf Mal.
7Kreisen bei Kieferschmerzen
Kieferverspannungen können nachts durch Kauen und Zusammenbeißen der Zähne entstehen, wenn der Körper versucht, Anspannung abzubauen.
Entlastungsgriff: Lege Zeige- und Mittelfinger im Verstärkungsgriff beidseits auf die Wangen. Kaue ein paar Mal, um den kräftigen Massetermuskel aufzuspüren. Dort, wo du die Kaubewegung deutlich spürst, hast du ihn gefunden. Öffne den Mund etwas und such auf dem Massetermuskel nach verspannten Punkten. Hast du einen gefunden, beginnst du mit dem Verstärkungsgriff auf dem verspannten Muskel zu kreisen, bis sich die Anspannung löst und sich das Areal durchblutet anfühlt.
8Drücken und Ziehen zum Abschluss
Mit dieser Übung kannst du die Leitbahnen am Kopf regulieren und die Durchblutung der Kopfhaut verbessern.
Abschlussgriff: Leg alle Fingerkuppen auf den Kopf und massiere die gesamte Kopfhaut mit kreisenden oder drückenden Bewegungen ordentlich durch! Massiere vor allem die Region rund um die Ohren besonders intensiv. Möglicherweise kannst du hier ganz bewusst wahrnehmen, wie verspannt deine Kopfhaut ist! Massiere sie so lange, bis sich der Kopf durchblutet anfühlt.
Stell dir bei all den Anwendungen vor, wie du deinen Kopf von belastenden Anspannungen und störenden Gedanken und Gefühlen befreist. Wiederhol diese Übungen ruhig täglich, da die meisten von uns sowieso viel zu sehr im Kopf sind.
Zum Weiterlesen- und Üben:
Friederike Reumann: Heilendes Yin Yoga. Asanas & Akupressur wirksam kombiniert: Mit fernöstlicher Heilkunst die Yoga-Praxis aktivieren. Trias Verlag, 2022