Sarah Powers ist in der internationalen Yogaszene eine feste Größe, denn sie hat maßgeblich an der Entstehung von Yin Yoga mitgewirkt. Wir sprachen mit ihr über die Verbindung von Yogahaltungen und Achtsamkeit, über das Gefühl wahrhaftiger Lebendigkeit und über die Dimension der Energie.
Sarah Powers zählt mit zu den „Gründungseltern“ des heutigen Yin Yoga: Gemeinsam mit Paul Grilley hat sie diesen ruhigen Stil geprägt. Sie kam mit Anfang zwanzig während ihres Psychologiestudiums zum Yoga, seit über dreißig Jahren ist sie Buddhistin. Da sie sich für ganzheitliche Sichtweisen auf die Wirklichkeit und für unsere psycho-physisch-somatischen Feinheiten interessiert, nutzt sie den Körper als Ausgangspunkt für ihre Erkundungen.
Wir sprachen mit ihr über Daoist Yoga, der den modernen Yin Yoga wesentlich beeinflusst hat, und die vielschichtigen Qualitäten der Erfahrung in einer Yin-Yoga-Haltung. Indem wir körperliche Stille in Yin-Haltungen finden, kommt es zu Empfindungen im Körper, die uns helfen, die Unmittelbarkeit des Augenblicks auf achtsame Weise zu erfahren – etwas, wonach sich so viele von uns sehnen.
INTERVIEW
YOGA AKTUELL: Der Yin Yoga, so wie wir ihn heutzutage praktizieren, hat sich aus dem Daoist Yoga entwickelt, richtig? Was genau hat dich daran fasziniert, als du diesen Stil damals zum ersten Mal mit Paul Grilley praktiziert hast?
Sarah Powers: Ursprünglich unterrichteten Paul und ich im selben Yogastudio in Los Angeles. Ich unterrichtete morgens meine Ashtanga-Klasse, und entweder gab ich danach noch eine weitere Stunde oder schlich mich in Pauls Klasse. Da ich bereits eine zweistündige, energiegeladene Praxis hinter mir hatte, war es für mich immer eine sehr ungewöhnliche Einladung, einfach mal für einen längeren Zeitraum in Haltungen auf dem Boden zu verweilen.
Es gab in den Stunden keinerlei Erläuterungen zum Nutzen der Haltung oder zur vielschichtigen Erfahrung, die ich in den Asanas machte. Schließlich ist es nicht nur eine körperliche Erfahrung, still zu sein. Damals meditierte ich noch nicht, weshalb ich Stille als herausfordernd empfand. Aber Paul war so humorvoll und liebenswert, dass ich den Raum, den er kreierte, genoss. Schließlich zogen wir beide aus Los Angeles weg, so dass für mich diese Praxis wegfiel.
Zehn Jahre später lebte ich im Norden Kaliforniens, und Paul war in der Stadt zu Besuch. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon eine eigene Meditationspraxis etabliert, wobei ich es […]