Im Dezember 2012 verstarb der legendäre indische Musiker Ravi Shankar – ein Blick auf sein Leben und Wirken zeigt, wie groß sein Einfluss auf den weltweiten Yoga-Boom warDer legendäre Sitarist Ravi Shankar ist am 11.12.2012 im Alter von 92 Jahren in San Diego, Kalifornien, gestorben. Wie kein anderer indischer Musiker hat er Brücken zwischen den Kulturen gebaut und Menschen aus aller Welt im Innersten berührt. Er war aber nicht nur ein großer Künstler, sondern mit seiner Musik auch ein Wegbereiter von Meditation und Nada-Yoga im Westen.
Yoga des Klangs
Nada-Yoga, der Yoga des Klangs, gilt vielen als ältester Yogaweg überhaupt. Nada-Brahma – „Gott ist Schwingung“ oder „die Welt ist Klang“ – ist eine zentrale Vorstellung des Nada-Yoga. Die Erkenntnis, dass das Gewebe des Kosmos ein interaktiver Tanz feinster Schwingungen ist, findet sich bereits in den Upanishaden und wird heute von der modernen Physik eindrucksvoll bestätigt.
Im Natya-Shastra, einem Grundlagenwerk der indischen Musik aus der Zeit um Christi Geburt, werden die feinsten Schwingungen Anahata-Nada („unangeschlagene Schwingung“) genannt. Sie sind mit unseren physischen Sinnen allerdings nicht wahrzunehmen, sondern können nur in tiefer Meditation innerlich erfahren werden. Einen direkten Zugang zur Schwingungsebene bieten dagegen die hörbaren Klänge, Ahata-Nada („angeschlagene Schwingung“). Auch Musik ist Nada, Schwingung, und so können wir im Musik-Erleben – ob als Musiker oder als Zuhörer – besonders leicht und unmittelbar unser Eingebundensein in das Gewebe des Kosmos erleben.
Färben des Geistes
Eine besonders verfeinerte Form der Arbeit mit Nada ist die klassische indische Raga-Musik, die vor allem durch Ravi Shankar im Westen bekannt geworden ist. Einer alten Definition gemäß ist Raga „das, was den Geist färbt“. Jeder Raga hat eine ganz eigene unverwechselbare Schwingung, die mit kosmischen Zyklen wie dem Rhythmus der Tages- oder Jahreszeiten in Beziehung steht. Einige dutzend Ragas sind allgemein bekannt, andere werden nur in mündlicher Schüler-Lehrer-Überlieferung weitergegeben. Im Ayurveda werden Ragas auch zum Ausgleich der Doshas und zur Unterstützung von Heilprozessen eingesetzt.
Ein ausgefeiltes Regelwerk legt für jeden Raga genau fest, welche Töne gespielt werden dürfen, wo Melodiebögen beginnen oder enden, wie Verzierungen zu verwenden sind, welche Töne stark oder schwach oder völlig verboten sind, etc., etc. Wenn all diese Regeln in der Musik befolgt werden, wenn es gelingt, sich tief auf die ganz besondere Schwingung […]