Die individuelle thermische Potenz der Nahrungsmittel spielt eine entscheidende Rolle für ihre Wirkung auf die Doshas. Ayurveda-Expertin Kerstin Rosenberg erklärt dieses wichtige Prinzip aus der ayurvedischen Ernährungslehre mit vielen Beispielen.Die ayurvedische Ernährung ist in aller Munde und begeistert im Zuge des stetig wachsenden Gesundheitsbewusstseins in der Gesellschaft immer mehr Küchenchefs und Gourmet-Köche aus aller Welt. So finden wir heute auf allen Kontinenten dieser Erde Ayurveda-Hotels und -Restaurants und können uns von Tirol bis Argentinien ayurvedisch behandeln und verköstigen lassen. Ihre große Popularität verdankt die ayurvedische Ernährung jedoch nicht nur ihrem guten Geschmack, sondern auch ihrer heilenden Wirkung. Denn im Ayurveda dient die richtige Ernährung als wichtigster Therapiezweig der Medizin: Mehr als 40 % aller Erkrankungen sind rein ernährungsbedingter Natur, und weitere 40 % lassen sich mit einer gezielten Ernährungs- und Kräutertherapie erfolgreich behandeln.
Ein besonderer Schwerpunkt der ayurvedischen Diätetik und Kochkunst ist die individuelle Abstimmung der Auswahl und Zubereitung von Speisen auf die körperlichen und psychischen Bedürfnisse des Menschen. Je nachdem, wie der Stoffwechsel des Einzelnen arbeitet oder unter welchen Beschwerden wir leiden, wird der Speiseplan so gestaltet, dass die täglichen Mahlzeiten ein Höchstmaß an Bekömmlichkeit und Heilkraft entfalten.
Wichtigstes Steuerinstrument für die Body-Mind-Balance sind die sechs Geschmacksrichtungen (Rasas), welche auf die individuelle Konstitution und Verdauungskraft einwirken.
- Süße, saure und salzige Speisen können alle Vata-Beschwerden, die mit zu viel Kälte, Trockenheit und Stress in Zusammenhang stehen, harmonisieren.
- Süße, bittere und zusammenziehende Speisen reduzieren Pitta-Beschwerden, die sich durch zu viel Hitze, Säure und entzündliche Reizungen ausdrücken.
- Scharfe, bittere und zusammenziehende Speisen helfen bei einem Übermaß von Kapha, das zu Trägheit, Übergewicht oder Verschleimungen führt.
Mit der ayurvedischen Ernährungsregel, alle sechs Geschmacksrichtungen in die tägliche Nahrung einzubauen und die typgerechten Geschmäcker zu betonen, findet eine automatische Regulation des körperlichen und mentalen Gleichgewichts statt. Außerdem nehmen die Rasas auf das Verdauungsfeuer (Agni) direkten Einfluss, indem sie den Appetit stärken oder schwächen: Saure, salzige, scharfe und bittere Speisen erhöhen Agni und wirken bei Menschen mit schwacher Verdauung als Appetitanreger (Dipana) und oder als Verbrennungsaktivator (Pachana).
Süße und zusammenziehende Speisen hingegen reduzieren die Agni-Kraft und sind besonders geeignet für Menschen mit einem zu starken und zu schnellen Stoffwechsel (Tikshnagni).
Noch stärker als Rasa, der Geschmack, wirkt jedoch das Prinzip von Virya, der thermischen Potenz, das […]